Bundespräsident Heinz Fischer suchte im Flüchtlingslager Traiskirchen den Kontakt zu Asylwerbern - und zeigte sich über die inzwischen etwas entspanntere Situation erfreut.

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Im Mai berichtete Gerhard Roth im STANDARD über Flüchtlinge. Nachzulesen hier.

Wie in inzwischen fast jedem österreichischen Ort gibt es auch in Traiskirchen einen Kreisverkehr. Die vier Zu- und Abfahrten sind mit Hinweisschildern gespickt. Man kann sich in Traiskirchen ein Permanent-Make-up verpassen lassen, ins "Ökotel" fahren und das Freibad besuchen. Nur für das wohl berühmteste Gebäude, das Traiskirchen auch im Rest Österreichs seinen Bekanntheitswert sichert, gibt es kein Taferl: für das Flüchtlingslager, oder, wie es offiziell heißt, für die Bundesbetreuungsstelle für Asylwerber.

Bundespräsident Heinz Fischer fand am Dienstag anlässlich des Weltflüchtlingstags dennoch seinen Weg in die ehemalige Militärkaserne, die seit der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands im Jahr 1956 erste Adresse für alle jene wurde, die sich nach Österreich retten konnten.

Es ist das erste Mal, dass ein österreichisches Staatsoberhaupt das von einer Mauer, einem hohen Zaun und Überwachungskameras umsäumte Areal am Stadtrand besuchte.

Fischer kennt die (inzwischen renovierte) Monarchiearchitektur bereits: 1956, am Höhepunkt der Ungarnkrise, schenkte er als Student Suppe für die ankommenden Flüchtlinge aus. Die Inneneinrichtung dürfte sich seitdem wenig verändert haben. Linoleum und Resopal dominieren, auch die Mentalität der Beamten soll bisweilen vorgestrig gewesen sein.

Geste setzen

Am Dienstag zeigte sich das Lager von seiner attraktiven Seite. Derzeit leben nur 343 Flüchtlinge dort, die meisten Tschetschenen und Kosovo-Albaner, kein Vergleich zur Situation vor fünf Jahren, als bis zu 1900 Menschen dort auf ihren Asylbescheid warten mussten. Damals machte Traiskirchen mit Schlägereien und sexuellen Übergriffen Schlagzeilen, inzwischen wirkt das Areal beinahe wie verlassen. "Ich möchte mit meinem Besuch eine Geste setzen, die ihre Arbeit anerkennen soll", meint Fischer, "wir sollen im Flüchtling einen Partner, einen Mitmenschen sehen. Diese Kultur muss sich in Österreich erst entwickeln."

Gut eineinhalb Stunden nimmt sich Fischer für seinen Rundgang Zeit. Die Flüchtlinge wurden über den Besuch des hohen Gastes informiert, sein Konterfei kennen sie vom Bundesasylamt, jenem Gebäude auf dem Areal, in dem ihr Schicksal entschieden wird. In kleinen Gruppen warten sie respektvoll im Schatten der Bäume.

Traditioneller Gruß

Fischer steuert zielsicher auf vier Inder zu und begrüßt sie mit dem traditionellen Gruß mit gefalteten Händen. "Woher kommen Sie? Wie lange sind sie schon hier?", will er wissen. Der eine wartet seit 15. Mai, der andere seit 8. Juni auf seinen Asylbescheid. "Das ist ja noch nicht so lange", meint Fischer erfreut über das Ergebnis seiner spontanen Stichprobe. Die lange Dauer der Asylverfahren war schon zuvor Thema beim Gespräch mit den Lagermanagern. Diese sind spürbar erleichtert.

Im Kindergarten tanzen tschetschenische Kinder für Fischer zum Abschluss eine "Lesginka", einen Volkstanz. Ihre Mütter schauen stolz zu, Väter gibt es keine mehr. Die Gruppe wohnt im Frauenhaus, jenem Bereich, in dem alleinstehende Frauen untergebracht sind. "Herzlich Willkommen" steht auf dem Transparent, das die Kinder gemalt haben. "Er ist wirklich herzlich willkommen", meint ein Beamter. "Der Innenminister war noch nicht einmal da." (Barbara Tóth/DER STANDARD; Printausgabe, 20.6.2007)