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Die Entwicklungen der Robotik werden mit dem Aufschwung der PCs verglichen.

Foto: REUTERS/Fujitsu
Roboter schweißen Autoteile, operieren Herzen oder mähen unseren Rasen. Und das ist erst der Anfang. Experten internationaler Forschungszentren sind sicher: Im Laufe der nächsten dreißig Jahre werden Serviceroboter den menschlichen Alltag erobern und jedermanns Haushalt pflegen.

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In drei Jahren werden Pflegekräfte in englischen, französischen und spanischen Krankenhäusern ungewöhnliche Hilfe bekommen: Ein Schwarm von kleinen Robotern wird dann Besucher durch die Flure führen, Botengänge erledigen und bei Notfällen die Ärzte informieren. Dabei werden sie sich über anstehende Arbeiten austauschen und Informationen weitergeben. Das ist zumindest das Ziel des internationalen Forschungsprojektes IWARD unter der Leitung des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart.

Roboter im Krankenhaus - was sich wie Sciencefiction anhört, ist in US-amerikanischen Kliniken schon Realität. Rund 300 verschiedene Automatensysteme arbeiten dort in Operationssälen am offenen Herzen oder in der Urologie. Angeleitet von erfahrenen Chirurgen sollen ihre filigranen Werkzeuge hier die vergleichsweise grobe Motorik der menschlichen Hände ersetzen.

Historischer Wendepunkt

"Wir befinden uns an einem historischen Wendepunkt", sagt Rafael Capurro, Mitglied des europäischen Projekts ETHICBOTS, das sich den ethischen Problemen des Zusammenlebens von Mensch und Maschine widmet: "Die Roboter gehen aus den Werkhallen heraus und dringen in unseren Alltag ein - ins Berufsleben, in die Krankenhäuser, überall."

Nach Schätzungen der International Federation of Robotics werden 2009 weltweit über eine Million Roboter in Industriehallen stehen, knapp vier Millionen Automaten werden in privaten Haushalten ihre Dienste anbieten. In Südkorea soll nach Regierungsplänen schon 2020 jedes Haus einen Roboter besitzen. Auch Gerd Hirzinger, Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen, ist sicher: "Die Robotik wird in den nächsten 30 Jahren denselben Aufschwung erleben wie die PC-Technik in den vergangenen zwanzig Jahren."

Schon heute gibt es einfache Automaten, die bei Sonnenschein den Rasen mähen oder im Wohnzimmer staubsaugen. Doch das ist erst der Anfang: Roboter könnten irgendwann einmal den Haushalt führen, im Weltraum und unter Wasser Reparaturen erledigen und anstrengende Arbeiten übernehmen.

Elektronische Pfleger

In einer alternden Gesellschaft versprechen sich die Forscher aber vor allem von elektronischen Pflegekräften wirtschaftliches Potenzial: "Statt sich ein neues Auto zu kaufen, könnten ältere Menschen in Zukunft in Serviceroboter investieren", glaubt Hirzinger. Der Care-o-Bot des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart etwa soll älteren Menschen Getränke reichen, beim Aufstehen aus dem Bett behilflich sein und im Notfall gleich den Arzt informieren. Mit ihm, hoffen die Forscher, könnten gebrechliche Senioren länger in den eigenen vier Wänden leben, ohne auf Pflegekräfte angewiesen zu sein.

Den Vorwurf einer möglichen Enthumanisierung der Pflege weisen die Techniker von sich: "Die menschliche Zuwendung sollen die Roboter nicht ersetzen. Aber sie könnten dazu beitragen, dass sich Pflegekräfte wieder auf das konzentrieren könnten, was wichtig ist", sagt Hirzinger. Rafael Capurro allerdings ist skeptisch. "Die Roboter-Assistenten könnten die Intimität der bedürftigen Person verletzen", sagt er. "Bevor man die Geräte großflächig auf den Markt bringt, sollte man herausfinden, wie die Menschen auf sie reagieren würden."

Auch die Robotiker sorgen sich um die gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Produkte. Darum werden die Maschinen möglichst menschenähnlich konstruiert. Der Humanoide Asimo von Honda sieht gar aus wie ein Mensch im Raumanzug - freilich ein gutes Stück kleiner, damit er keine Ängste weckt. Anders als viele seiner Kollegen, die auf Rädern herumfahren, bewegt er sich auf zwei Beinen - allerdings mit einigen Problemen beim Treppensteigen oder auf unebenem Grund.

2050: Match Mensch gegen Roboter

Doch die Forscherzunft erweist sich angesichts solcher Schwierigkeiten als äußerst kreativ: Seit 1997 wetteifern Techniker um den Sieg beim jährlichen RoboCup, einem Fußballspiel für Roboter. Bis 2050, so das Ziel, sollen sich die Maschinen so verbessert haben, dass es einer Mannschaft aus zweibeinigen Robotern gelingt, gegen den dann amtierenden Fußballweltmeister zu spielen - und zu gewinnen.

Auch die Servicekräfte unter den Automaten werden hier seit Neuestem getestet. Bei RoboCup@Home müssen die elektronischen Butler Bücher aus Regalen einer Wohnung holen oder Kaffee zum Tisch bringen. Besondere Dienerqualitäten bewies hier während der RoboCup German Open im vergangenen April auch ein Studentenprojekt der TU Graz. Der "Friendly Learning Electronic Assistant" von Joachim Pehserl und Petra Korica-Pehserl meisterte seine Aufgaben so erfolgreich, dass er den zweiten Platz belegte und sich die Fahrt zur kommenden RoboCup-Weltmeisterschaft in Atlanta sicherte. (Tanja Krämer/DER STANDARD, Printausgabe, 20. Juni 2007)