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Ein Herzensanliegen sind Shirin Ebadi die Verbesserung der Frauen- und Familienrechte im Iran.
Foto: Elisabetta Villa/Getty Images
Wien/Teheran - Die iranische Rechtsanwältin Shirin Ebadi war der Welt lange kein Begriff - bis sie 2003 für ihren Einsatz um Menschen- und Frauenrechte mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Sie selbst wertet den Preis als Ermutigung für moslemische Frauen, Selbstbewusstsein zu entwickeln. "Ich bin nicht links und nicht rechts. Ich bin auf der Seite der Menschenrechte", brachte Ebadi ihr Engagement beim Weltsozialforum im Indien vor drei Jahren auf den Punkt. Ebadi ist die erste Muslimin, der die hohe Auszeichnung zuteil wurde. Mehrmals weilte sie in Österreich. Beim Iran-Staatsbesuch 2004 besuchte die damalige Bundespräsidenten-Gattin Margot Klestil-Löffler Ebadi in ihrem bescheidenen Teheraner Anwaltsbüro, was auch in den iranischen Medien große Beachtung fand.

Wiederholt hat die Friedensnobelpreisträgerin unterstrichen, dass eine Geringschätzung der Frauen mit islamischen Grundsätzen unvereinbar sei. Nicht auf Religion oder Kultur komme es an, sondern auf den Glauben und die Menschenrechte, so die Anwältin und Aktivistin, die am Donnerstag 60 Jahre alt wurde. Außerhalb des Iran, wo das klerikale Regime dies vorschriebt, trägt die zierliche Iranerin mit dem modischen Kurzhaarschnitt keinen Schleier.

Abschaffung der Scharia gefodert

Nach der Zuerkennung der Auszeichnung durch das Osloer Nobelkomitee hatte die streitbare Iranerin in einem Interview radikale Reformen in ihrer Heimat eingefordert. Sie verlangte die Abschaffung des islamischen Strafrechts. Auf der Basis der Scharia sind körperliche Strafen wie Steinigung und Amputation von Gliedmaßen legitim. Die Reaktionen auf die Preisverleihung waren damals im Iran gemischt. Während gemäßigte Kreise von der "richtigen Wahl" und einer Würdigung der Menschenrechts-Verdienste Ebadis sprachen, verurteilten Fundamentalisten die Entscheidung als "Einmischung in innere Angelegenheiten". Staatliche Medien schwiegen die Preisverleihung an die unbequeme Kritikerin anfangs überhaupt tot.

Engagement mit Haft abgestraft

Als Menschenrechtskämpferin tritt Ebadi im Konflikt mit dem erzkonservativen iranischen Klerus für Bürgerrechte und Religionsfreiheit ein. Ihre Kritik als Anwältin richtet sich gegen die islamische Gesetzgebung in ihrem Land, wo Frauen und deren Aussagen weniger gelten als Männer. Ihr Engagement hat die reformorientierte Moslemin mehrfach in Konflikt mit den konservativen Teilen der iranischen Regierung - und ins Gefängnis gebracht. So kam sie im Juni 2000 wegen "Störung der öffentlichen Meinung" kurz vor dem ersten Jahrestag der blutigen Zusammenstöße zwischen Studenten und Polizei im Iran vorübergehend in Untersuchungshaft.

Wiederholt übernahm Ebadi auch die Verteidigung von In- und Ausländerinnen und Ausländern, die mit den iranischen Behörden in Konflikt kamen. So verteidigte sie eine Kollegin, die wegen ihrer Teilnahme an einer von der Heinrich-Böll-Stiftung 2000 ausgerichteten Iran-Konferenz in Berlin zu vier Jahren Haft verurteilt wurde. Sie vertrat auch die Mutter einer aus dem Iran stammenden kanadischen Fotojournalistin, die unter mysteriösen Umständen in der Haft gestorben war, vor Gericht. 1998 machte sich Ebadi einen Namen, als sie sich mit anderen Anwältinnen und Anwälten für die Aufklärung einer Mordserie mit politischem Hintergrund einsetzte.

Ebadi ist eine begehrte Referentin bei Veranstaltung im Ausland zu den Themen Iran und auch Islam. Scharf kritisierte sie auch den Irak-Krieg der USA. Demokratie könne sich nur "in einer ruhigen, spannungsfreien Atmosphäre entwickeln", sagte Ebadi im September 2004 beim Waldzell Meeting in Stift Melk. "Kein Land kann mit Bomben Demokratie und Menschenrechte bringen." Sie fügte hinzu: "Wenn ein Land angegriffen wird wie der Irak , wissen wir, dass es nicht um die Demokratie ging, sondern um das Öl."

Frauen- und Familienrechte verbessern

Ein Herzensanliegen sind der engagierten Gegnerin eines extremistisch orientierten Islam die Rechte von Flüchtlingen und Kindern. Sie ist Vorsitzende der von ihr gegründeten Vereinigung zur Unterstützung von Kinderrechten im Iran. In einem Gespräch mit österreichischen Journalistinnen und Journalisten am Rande des Klestil-Staatsbesuchs forderte sie nach der Begegnung mit der Frau des Bundespräsidentin von der iranischen Regierung explizit eine Verbesserung der Frauen- und Familienrechte in ihrem Land.

Pionierin

Geboren wurde Ebadi 1947 in Teheran. Sie studierte an der dortigen Universität und auch in Paris Rechtswissenschaften. 1975 bis 1979 war sie eine der ersten Richterinnen in der Geschichte des Landes. Nach dem Sturz des Schahs und der Machtübernahme der Mullahs 1979 verlor sie den Posten. 1997 engagierte sich Ebadi im Präsidentschaftswahlkampf für den reformorientierten Politiker und späteren Präsidenten Mohammad Khatami. Den Urnengang vor zwei Jahren, aus dem der heutige Präsident, der radikale Schiit Mahmoud Ahmadinejad, siegreich hervorging, boykottierte sie, da praktisch kein gemäßigter Kandidat antreten durfte. Ebadi hat zwei erwachsene Töchter. (APA)