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Die Österreicher geben jährlich geschätzte 300 Mio. Euro für Spirituosen aus.

Foto: AP/Martin Meissner
Wien – Österreichs Spirituosenherstellern stößt die Forderung der Grünen nach höheren Preisen für Schnaps bitter auf. Eine Einführung von Mindestpreisen für Getränke mit mehr als 15 Prozent Alkoholgehalt könnte exzessive Besäufnisse unter Jugendlichen nicht einbremsen. Die Branche erwartet, dass Alkohol damit generell teurer wird, die Probleme löse es nicht.

"Der Blick nach Skandinavien und England zeigt, dass höhere Alkoholsteuern nichts bringen", sagt Stock-Austria-Chef Harold Burstein dem STANDARD. Er sieht den größeren Hebel bei den Gastronomen. "Sie versuchen mit viel Marketing die Lokale voll zu bekommen und schenken das Billigste vom Billigen aus." Dass hohe Preise für einen Aufschrei der Produzenten sorgen, sehe politisch betrachtet gut aus, sagt Bruno Mayer, Chef des Verbands der Spirituosenindustrie, "aber es packt das Übel nicht an der Wurzel". Wohlstandsverwahrlosung sei nicht über Preisdebatten in den Griff zu bekommen. Alkohol ist ein Milliardengeschäft. Ein Österreicher trinkt im Schnitt jährlich 109 Liter Bier, 30 Liter Wein, 3,1 Liter Spirituosen und 2,8 Liter Schaumwein, zeigt der internationale Wine and Spirit Report. Das entspricht rund 13 Liter reinem Alkohol pro Kopf. Die Alkoholsteuer hat im Vorjahr 120 Mio. Euro in die Staatskassen gespült, die Biersteuer brachte weitere 190 Mio.

Genaue Statistiken über Umsätze mit Rum, Schnaps, Whiskey, Wodka und Likören fehlen. Schätzungen sprechen von 300 Mio. Euro. Der Boom an Alkopops ist dabei laut Branchenzahlen vorbei: Fertige Mischgetränke hielten einen Anteil von nur 0,3 Prozent des Biervolumens, vor fünf Jahren waren es knapp drei Prozent. Große Wachstumssprünge erlauben aber auch traditionelle Spirituosen nicht. Die Zahl österreichischer Hersteller sinkt; viele haben zu spät starke Marken und Exportmärkte aufgebaut.

Gegen den Strom schwimmen Unternehmen wie die Mozart Distillerie GmbH. Die Salzburger sind Weltmarktführer bei Schokolade-Spirituosen und damit in weltweit 74 Ländern vertreten, sagt Marketingchef Florian Iro. Derzeit sei man dabei, China, Indien und Taiwan zu erschließen. Stock produziert in Klagenfurt heuer rund vier Mio. Liter Hochprozentiges, zwei Drittel des Stroh-Rums gehen in den Export.

Wachstum nur im Ausland

"Es ist leichter, im Ausland zu wachsen", sagt Burstein. Fünf Prozent in Österreich zuzulegen, sei ein teures Unterfangen. Er sieht den "Stroh" nicht in den Gläsern von Jugendlichen, sondern in Gekochtem, Gebackenem und heißem Tees.

Zu den etwa 20 größeren Destillerien zählen zudem Spitz, Hämmerle und Franz Bauer. Letzterer füllt mitten in Graz unter anderem stündlich 25.000 Fläschchen Jägermeister ab. Für den großen Teil des Schnapsspiegels sorgen freilich tausende Landwirte – und 60 bis 70 kleine Gewerbebetriebe, die laut Mayer hohe Qualität rund um den Kirchturm produzieren. Wie sich die Debatte ums Komatrinken auf die Geschäfte auswirkt, wagt Burstein nicht vorherzusagen. Dass sie den Alkoholkonsum nicht gerade pushe, sei aber klar. Entscheidend sei die Reaktion der Handelsketten. "Sperren sie uns im ltzten Eck ein, werden wir weniger verkaufen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.06.2007)