Ein kleiner Junge als Spielball zwischen einem cholerischen Vater und einer Mutter, die aus den Verhältnissen ausbrechen und sich ein glücklicheres Leben zugestehen will: Die Grundsituation von Patrick Tams erstem Spielfilm seit 17 Jahren wurzelt ganz im Privaten. After This Our Exile / Fu zi beginnt als Kammerspiel einer kaputten Lebensgemeinschaft, um sich allmählich zum Melodram einer unversöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung zu entwickeln.
Patrick Tam ist im Hongkong-Kino kein Unbekannter. Er hat als Cutter zwei Filme von Wong Kar-wai betreut, bis Ende der 80er-Jahre mehrere Filme inszeniert, sich dann dem Unterricht zugewandt. Seine Rückkehr zur Regie wurde zum Triumph: Die wichtigsten Hong Kong Film Awards, auch der des "Besten Films", gingen heuer an ihn.
After This Our Exile erzählt im Grunde die Geschichte einer kontinuierlichen Talfahrt. Als Chow (Aaron Kwok) von seiner Frau verlassen wird, trägt er die alleinige Verantwortung für seinen Sohn. Doch ist er weder imstande, diesem ein moralisches Vorbild zu sein, noch für ein Einkommen zu sorgen: Immer wieder verfällt er der Spielsucht und häuft entsprechend Schulden an. Verantwortlich dafür macht er alle anderen.
Die Kraft des Films resultiert aus der Glaubwürdigkeit der affektiven Bindung zwischen Vater und Sohn, die trotz des täglichen Überlebenskampfs nicht nachlässt. Chow – unfähig, sein Versprechen zu erfüllen, sich zu ändern – spannt immerzu andere ein, für ihn zu arbeiten: Irgendwann schickt er gar seinen Sohn stehlen.
Zwang der Bande
Obwohl Patrick Tam den einen oder anderen Akkord des Films zu forciert setzt (und zwei überlange Sexszenen wie Zugeständnisse an den Markt wirken), bleibt After This Our Exile ein vielschichtiges Drama um die Einsicht, dass familiäre Bande mitunter auch gewaltsam durchtrennt werden müssen, wollen nicht alle Beteiligten daran zugrunde gehen. Wie nebenbei entwirft Tam auch ein Bild sozialer Unterschiede – was auch in anderen Arbeiten des Hongkong-Film-Panoramas zu finden ist: Etwa beim Regisseur Fruit Chan (Made in Hongkong, The Longest Summer) oder in Golden Chicken (Regie: Leung Chun Samson Chiu), in dem eine groß aufspielende Sandra Ng ihr Leben als Prostituierte einem Räuber anvertraut:
Mit einiger Detailfreude in der Ausstattung rekonstruiert diese Komödie die Vita einer Frau, die sich ihre Unabhängigkeit über Arbeit, Humor und Lebenslust (sowie den einen oder anderen schweren Verzicht) sichert. Zugleich ist der Film ein buntes Panorama der jüngeren Geschichte der Metropole und ihrer rasanten Entwicklungen rund um die Übergabe an China – in diesem Fall eher aus der Horizontale. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 21.06.2007)