Der Europarat überprüft gerade, wie es um Menschenrechte in Österreich steht. Was die lange Dauer der Asylverfahren betrifft, gab es schon vorab herbe Kritik

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Asylanträge müssen schneller entschieden werden – zumindest bei diesem Ziel sind Innenminister und Flüchtlingsorganisationen einer Meinung. Auch Justizministerin Maria Berger sprach sich am Mittwoch erneut dafür aus: "Der Rucksack an offenen Verfahren muss leichter werden", so Berger bei einer Asylrechts-Tagung des Boltzmann Instituts in Wien.

Davon kann bisher keine Rede sein: Laut Innenministerium stehen zurzeit 38.500 AsylwerberInnen in der Warteschlange – viele von ihnen seit einigen Jahren, ohne Arbeitserlaubnis und Zukunftsperspektive. Zum Vergleich: Wiener Neustadt hat knapp über 40.000 EinwohnerInnen.

Der Rückstau wandert

Zwar trugen der starke Einbruch bei den Asylanträgen und eine personelle Aufstockung im Bundesasylamt dazu bei, dass seit Anfang des Jahres mehr Anträge erledigt werden konnten, als neu dazu kamen. Ein höheres Tempo in der ersten Instanz bedeutet aber, dass mehr Arbeit auf die nachgelagerten Stellen zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bekommt das zurzeit besonders stark zu spüren: "Wir sind an den absoluten Grenzen unserer Kapazitäten", stöhnt VwGH- Senatspräsident Gunther Gruber.

4500 Asyl-Beschwerden, meist rechtlich hoch komplexe Fälle, sind derzeit beim Gerichtshof anhängig – und im Schnitt vergehen fast zwei Jahre, bis der VwGH zu einer Entscheidung kommt. Gruber zieht Vergleiche zu Deutschland: Hier war im Vorjahr jedeR Bundes-VerwaltungsrichterIn mit durchschnittlich 44 Beschwerden beschäftigt – beim VwGH waren es 117 Fälle pro RichterIn. Dabei war 2006 aus heutiger Sicht noch ein rosiges Jahr: In den ersten fünf Monaten des heurigen Jahres war der Gerichtshof mit drei Mal so vielen Beschwerden befasst wie in den Vorjahresmonaten. Die Warteschlange wird also länger, nicht kürzer.

Bundesverwaltungsgericht: "Nicht vor 2010"

Die Aussicht auf das geplante Bundesverwaltungsgericht, das laut Koalitionsplänen die Verfahren deutlich beschleunigen sollte, stimmt Gruber auch nicht hoffnungsvoll: "Vor 2010 wird das Gericht nicht zu arbeiten beginnen", versichert der Senatsvorsitzende. Und dann würde der Rückstau an Beschwerden bereits auf "um die 10.000 Fälle" angewachsen sein.

Rechtsanwalt Georg Bürstmayr fordert deshalb – wie auch schon die Justizministerin - ein Bleiberecht für alle AsylwerberInnen, die schon seit Jahren legal hier leben – denn selbst mit einer neuerlichen drastischen Aufstockung des Beamtenapparates sei der Aufwand der laufenden Verfahren nicht zu bewältigen. Bürstmayr provoziert: "Die Frage ist nicht: ‚Brauchen wir ein Bleiberecht?', sondern: ‚Wie viel kostet es, wenn es dieses Recht nicht gibt?'" (Maria Sterkl, derStandard.at, 21.6.2007)