Berlin - Die Linksfraktion im deutschen Bundestag hat beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingereicht. Die Beobachtung einer ganzen Fraktion sei "ein starkes Stück", sagte ihr Vorsitzender Gregor Gysi am Donnerstag. Das Vorgehen sei grundgesetzwidrig und behindere die Abgeordneten in der Ausübung ihres Mandats. Gysi zeigte sich zuversichtlich, dass die bereits am (gestrigen) Mittwoch eingereichte Organklage Erfolg haben und die Beobachtung eingestellt werde.

"Der Kalte Krieg muss beendet werden", forderte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bodo Ramelow, der auch als Einzelperson in Karlsruhe gegen seine Beobachtung klagt. Das Parlament habe die Regierung zu kontrollieren und nicht der Verfassungsschutz im Auftrag der Regierung das Parlament, kritisierte er. Mit der Existenz einer Sachakte und der Vernetzung der Daten liege ein "Datenschatten" über allen 53 Abgeordneten der Fraktion. Elf von ihnen wurden den Angaben zufolge auf Anfragen nach Angaben über sich "umfangreich fündig".

Gysi argumentierte, ein unter Beobachtung stehender Parlamentarier könne sein freies Mandat so nicht ausüben, wenn Bürger Kontakte zu ihrem Abgeordneten mieden aus Furcht, dann selbst beobachtet zu werden. Auch sei es schwieriger, Mitarbeiter und Dienstleister zu engagieren, Mitglieder zu gewinnen und damit auch Beiträge und Zuschüsse zu erhalten. Gleichzeitig mit der Klage legte die Fraktion einen Antrag im Bundestag vor mit dem Ziel, die Beobachtung einstellen zu lassen. So habe das Parlament eine Chance, "das ganze Treiben zu beenden", sagte Ramelow.

"Wir sind keine Linksextremen", betonte Gysi. Das Programm der bisherigen Linkspartei.PDS wie auch die programmatischen Eckpunkte der neu gegründeten Partei Die Linke spiegelten wider, dass sie zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden. Der Begriff Sozialismus finde sich selbst im Programm der SPD. Die Bundesrepublik sei es nicht gewohnt, dass zum akzeptierten politischen Spektrum auch eine linke Partei gehöre, fügte Gysi hinzu. In anderen europäischen Ländern würden sie nirgendwo beobachtet.

Gewisses Verständnis zeigte Gysi für eine Beobachtung der PDS als Nachfolgerin der DDR-Staatspartei SED zu ihrer Anfangszeit. Das dürfe aber nicht über 17 Jahre später immer noch weiter gehen, obwohl keine damals herrschenden Personen heute Einfluss auf das Programm hätten. Als besonders unverhältnismäßig kritisierte er die Beobachtung seines - aus Hessen stammenden - Stellvertreters Ramelow, der nie in der DDR gelebt und nie der SED angehört habe. In dessen Akte finde sich "außer gequirltem Quark nichts, gar nichts", empörte sich Gysi. "Er hat nichts angestellt, was gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet wäre." (APA/AP)