KOMMENTAR
Gelbe Post: Blauer Brief
Ohne Reform kann der Postfuchs auf freier Wildbahn nicht überleben. Von Luise Ungerboeck
Wien - In der gelben Post werden demnächst blaue Briefe verschickt. Vorstand und Betriebsrat feilschen konkret um insgesamt 3000 Arbeitsplätze, um die der Mitarbeiterstand möglichst schnell reduziert werden soll. Konkret sollen durch die Errichtung eines neuen Zustellsystems 1020 Zusteller eingespart werden, verlautet aus Unternehmenskreisen. Um 911 Beschäftigte soll der Schalterdienst abgespeckt werden und nochmals 800 sind den Berechnungen des Managements zufolge durch die Neubemessung und Straffung des innerbetrieblichen Zeitsystems einsparbar. Einige Hundert Postler werden weiters durch die Reduzierung der Bahnpost überflüssig. Diese ist, wie berichtet, wesentlich teurer als der Transport mit den gelben Lkws, weil in den Waggons meist Personal mitfahren muss, das die Postlieferungen vorsortiert. Post-Sprecher Michael Homola wollte die vorliegenden Zahlen nicht kommentieren, noch seien die Verhandlungen mit der Belegschaft in Gang. Auch sei die geplante Reduzierung der Zustellpostämter von 1900 auf unter 500 noch nicht endgültig fixiert. Es gebe aber keine konkreten Namenslisten. "Diese Zustellkonzentration ist erst der Anfang", fürchtet Betriebsrat Herbert Podany. Mit der Errichtung der sechs neuen Brief- und Paketverteilzentren werden bis 2003 allein in Wien mindestens weitere 1500 Postfüchse überflüssig. Einen neuen Sozialplan (bis Ende August werden insgesamt rund 2000 Postbedienstete bereits in Frühpension sein oder zumindest eine Vorruhestandsregelung unterschrieben haben, Anm.) dürfte es nicht geben, glaubt Podany. Die entsprechenden Rückstellungen von sechs Milliarden Schilling (436,04 Mio. Euro) seien bereits verbucht. Für Stoff bei der heute, Donnerstag, anberaumten Aufsichtsratssitzung der Post ist also gesorgt. Zudem liege der Vorstand bei den Kosten nicht im Plan, sagte ein Aufsichtsrat zum Standard. Vor allem die Personalkosten sind im ersten Halbjahr um 3,1 Prozent gestiegen statt gesunken. 1999 betrugen sie mit 16,139 Mrd. S 64 Prozent des Gesamtaufwandes. Das Ergebnis (EGT) rutschte im ersten Halbjahr auf minus 14,3 Mio. S nach 302 Mio. S Gewinn im Vorjahr. Höheres Porto Während der Personalstand von derzeit rund 32.000 (ohne Postbus) empfindlich sinken soll, will die Post per 1. Jänner 2001 das Porto für In- und Auslandsbriefe anheben. Der Standardbrief Inland und Europa bleibt mit sieben Schilling aber unverändert. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.8.2000)