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Foto: APA/Guenter R. Artinger
Wien - Obwohl von der Ausbildung her Ärztin, habe Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky in einer Aussendung objektiv falsche Sachangaben zu der HPV-Impfung gemacht, die rund 70 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen verhindern könnte.

Vorwurf der falschen Darstellung

Sowohl der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, der Wiener Gynäkologe Paul Sevelda (Krankenhaus Hietzing), als auch einer der klinischen Co-Entwickler der Vakzine, Elmar Joura (Universitätsklinik für Frauenheilkunde/AKH) wiesen in Stellungnahmen gegenüber der APA darauf hin, dass die Ressortchefin offenbar die Zusammensetzung der Vakzine in einer Aussendung objektiv falsch dargestellt und neueste Erkenntnisse über Wirkungsdauer der Impfung negiere.

Unbekannte Wirkung laut Aussendung

"Als Gesundheitsministerin muss ich gerade bei der Prävention Entscheidungen treffen, deren Effekte erst Jahre später messbar sind. Wirksamkeit und Sicherheit neuer Produkte haben deshalb für mich oberste Priorität doch bis dato gibt es über den HPV-Impfstoff keine evidenzbasierten Daten und Langzeitstudien. Wir wissen weder wie lange die Impfung wirklich immunisiert, noch, welche Wirkung die Verabreichung von Retro-Viren, also gentechnisch hergestellten, inaktiven Zellen, hat", hieß es in der Aussendung unter anderem.

Aufnahme in Kinderimpfprogramm gefordert

Der Impfausschuss des Obersten Sanitätsrates, die Österreichische Krebs-Hilfe und viele andere Experten fordern die Aufnahme der HPV-Impfung in das von der öffentlichen Hand bezahlte Kinder-Impfprogramm. Bei einer breiten Anwendung könnte die Immunisierung in Österreich demnach 70 Prozent der jährlich rund 180 Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs und 70 Prozent der jährlich etwa 5.000 notwendigen chirurgischen Eingriffe wegen Vorstufen verhüten helfen. Die Impfung mit einem regulären Preis von mehr als 600 Euro dürfte aber für viele Familien mit Kindern privat nicht finanzierbar sein.

Fachkritik

Heftige Expertenkritik gibt es jedenfalls an den fachlichen Aussagen der Ministerin. Elmar Joura, der an der Wiener Universitäts-Frauenklinik an den größten internationalen Studien mit der Vakzine zum Teil als Leitautor mitgearbeitet hat: "Papilloma-Viren sind keine Retroviren, sondern DNA-Viren. Der Impfstoff besteht aus leeren Virushüllen. Man hat (für die Vakzine, Anm.), die dem Immunsystem bloß das Vorhandensein eines echten Virus vortäuscht."

Retroviren nicht eingesetzt

Retroviren, zu denen HIV oder die Leukämieviren (HTLV) gehören, haben hingegen immer eine RNA als Erbgut, das sie bei der Infektion von Zellen über ein Enzym (Polymerase) in das Erbgut einbauen. Außer von vereinzelt bei experimentellen - und zumeist schlecht funktionierenden - Krebsvakzinen werden Retroviren medizinisch nicht eingesetzt. Die Zusammensetzung der HPV-Vakzine, die von der EU via Arzneimittelagentur EMEA und der US-Arzneimittelbehörde FDA zugelassen wurde, ist auf Grund der Unterlagen weltweit Behörden und Ärzten bekannt. Die enthaltenen virus-ähnlichen Partikel bestehen aus 72 Hüllenteilen des Virus (L1-Protein) und enthalten keine Erbsubstanz. Die Ministerin hatte allerdings von "inaktiven Zellen" gesprochen. (APA)