Rad an Rad: Guido Gluschitsch auf der Honda Transalp (im Bild rechts).

foto: sulzbacher

Die Idee, mich auf die Suche nach dem idealen Motorrad für die Stadt zu begeben, habe ich eigentlich von Yamaha übernommen. Die Vorgeschichte zur Yamaha Tricker, dem Derivat aus einer Trial und einem echten Motorrad, ist nämlich angeblich die: Der Herr Yamaha ist in Japan auf die Straße gegangen und hat die jungen Leute gefragt, wie denn das Motorrad aussehen müsste, dass sie sich kaufen würden.

Mit der fixen Vorstellung, ein paar neue Ideen für eine Art R1 zu sammeln, die bei der wenig liquiden Fahranfängerklientel Zuspruch finden würde, und dann wieder ans Reißbrett zu gehen, startete die Aktion. Und sie endete mit der Tricker.

Man wollte ein Gerät, das leicht ist, mit dem man auch einmal über einen Gehsteig fahren oder ein ähnliches Hindernis überwinden kann, ohne über großes fahrerisches Können verfügen zu müssen und, ja, ein bisserl mehr als einen 40er soll das Ding dann auch noch gehen. Es sollte das ideale Stadtgefährt werden.

Die Tricker gibt es nun hierzulande nicht mehr. Sie bewährte sich in Österreich nicht. Gerade ein paar Fahrschulen haben die Teile noch im Programm. Und dort brennen die Fahrlehrer mit der Tricker die Schüler her. Letztere sitzen, während der Demütigung, meist auf nackerten 600ern. Was ist also das ideale Stadtmotorrad für die Alpenrepublik? Ein Roller? Irgendwie scheidet der für mich aus.

Hohen Zuspruch finden italienische Produkte. Sie verkaufen sich über Lifestyle und Image. Beim Fahrwerk wird die Geschichte schon ein wenig seltsam. Und wenn es dann erst ans Bremsen geht, scheiden die Teile für mich meist ganz aus. Die Japaner hingegen bauen Roller die exzellent bremsen und recht gute Fahrwerke haben. Aber die Reisroller, wie sie ganz böse Menschen nennen, sind halt auch keine Motorräder, sondern eben "nur Roller". Und vorm Stammwirten ist man mit so einem Gefährt auch nicht der Held des Tages.

Nein, nein, nein, es muss ein gscheites Motorrad sein! Man muss damit die täglichen Motocrosspisten bewältigen können – also Süd-Ost-Tangente, Gürtel, Freyung – ohne dass einem die Plomben aus den Zahnderln scheppern. Das heißt, das Motorrad muss gut gefedert sein und braucht lange Federwege. Und man muss im normalen Stadtverkehr zumindest mitschwimmen können.

Das beinhaltet dann wohl auch Ampelstarts von 0 auf 100 unter zehn Sekunden, sonst fährt einen der nächste Halbstarke in seiner wummernden, von Jägermeister gesponserten Kiste, übern Haufen. Und wir brauchen Entschleunigungsteile, die vor einem jeden Radarkasten eine gute Figur machen. Sagen wir: mindestens zwei Bremsscheiben vorne, eine hinten.

Und da wird die Luft dann schon dünn. Ich konnte bei Honda die Transalp zu Versuchszwecken ausfassen. Die Hondas waren schon ein wenig erstaunt, als ich um die Transe bat und nicht nach der CBR winselte – aber nach der Erklärung meiner Forschungsarbeit haben die Hondas sofort verstanden, worum es geht. Zwar ist die Transalp eindeutig als gutmütiger Tourer konzipiert, aber gerade in der Stadt macht die Transe eine recht gute Figur.

Vorne wird die Transalp über eine 41-mm-Teleskopgabel mit 200-mm-Federweg gefedert. Hinten werkt eine Pro-Link-Schwinge mit einstellbarer Druckstufendämpfung. Federweg: 172 mm. Das ganze Paket ist jetzt nichts Außergewöhnliches für einen Tourer, aber für einen Großstadthobel geradezu ideal.

Wir erinnern uns an die Anforderung der langen Federwege. Selbst Kopfsteinpflaster wird vom Fahrwerk fein geglättet. Kein Wunder, ist die Transalp ja auch als On-/ Offroad-Gerät konzipiert. Als ob man in Hondanesien wüsste, wie in Österreich die Straßen aussehen.

>>>Rad zum Gruß

Auch der Motor ist eigentlich unaufregend. Der flüssigkeitsgekühlte 52-Grad-V2-Viertaktmotor mit sechs Ventilen und einem Hubraum von 647 ccm hat schon seit Jahren den Ruf, im Normalbetrieb unzerstörbar zu sein. 53 PS und 55 Nm dahebt er. Das reicht, um die Transe beim Ampelstart, mit etwas gutem Willen, aufs Hinterradl zu reißen. Bis zum Radarkasten kriegt man das zum Gruß erhobene Rad dann aber eh wieder runter. Das ist nicht das Problem.

Notfalls tippt man mit dem Fuß leicht auf die Hinterbremse. Sofort kriegt das Vorderrad wieder Grip und man kann dank CBS, dem Combined Braking System von Honda, herrlich verzögern. Fehlt nur noch das ABS.

Ebenfalls wie geschaffen für den Stadtverkehr ist die aufrechte Sitzposition. Mit einer Sitzhöhe von 843 mm Höhe verleiht die Transalp einen ordentlichen Überblick. Für kleiner gewachsene Menschen gibt es aber auch eine abgespeckte Sitzbank mit 813 mm. Da sollte man dann schon runterglängen.

Für die etwas längere Tour hat man den Lenkkopfwinkel bei 28 Grad fixiert und den Nachlauf auf 108 mm gestellt. Nein, keine Sorge. Die Transalp lässt sich trotzdem locker ums Eck bringen. Mit dem breiten Lenker ist das sowieso kein Problem. Und der 120er-Hinterreifen sorgt für noch mehr Agilität. Also passt das schon. Der breite Lenker hat aber nicht nur Vorteile, die man gerade auf Touren nützen kann. Nachteil im Stadttest ist natürlich, dass man zum Durchschlängeln zwischen den Kolonnen hin und wieder einmal zu breit ist.

Kurzum, die Honda Transalp ist nicht nur ein vollwertiges Motorrad für Touren auf und abseits der Straße. Sie eignet sich auch sehr gut für das tägliche Gemetzel am Weg in die Arbeit. Die langen Federwege, das agile Fahrwerk und der Motor mit gutem Schub von unten heraus machen aus der Honda ohne Umbauten einen echten Cityflitzer. Da haben nicht einmal mehr die Radfahrer eine Chance gegen mich. (Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Martin Sulzbacher, derStandard.at, 28.6.2007)

Guido Gluschitsch ist Redakteur beim MotorradMagazin