Glühender Europäer und zugleich kühler Rechner: Harald Badinger.

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"Die wirtschaftliche Integration durch die EU ist für Länder auf gleichem Entwicklungsniveau eine Win-Win-Situation, wenngleich Strukturanpassungen kurzfristig schmerzhaft sein können", urteilt Harald Badinger. Eine Überzeugung aus berufenem Mund, bekam der junge Ökonom doch Mitte Juni als erster Österreicher den Klaus-Liebscher-Preis der Nationalbank.

Seine Arbeit über Wettbewerbseffekte auf dem EU-Binnenmarkt wird zudem bald im Oxford Bulletin of Economics and Statistics veröffentlicht. Für den 33-jährigen Volkswirt am Europainstitut der Wirtschaftsuniversität Wien ist es nicht die erste, aber die begehrteste Auszeichnung. Schließlich bewerben sich jährlich junge Wissenschaftler aus 27 EU-Staaten um den Preis.

Badinger ist glühender Europäer und ein kühler Rechner zugleich, der Theorien wirtschaftlicher Integration an dem EU- Integrationsprozess testet. Nach der HTL in St. Pölten inskribierte Badinger Betriebswirtschaft an der Wirtschafts-Uni Wien. Dem Reiz der Volkswirtschaftslehre, mit ihrer Mischung aus "methodischer Strenge, Intuition und wirtschaftspolitischer Relevanz", erlag er erst im Lauf des Studiums.

Auf dem Europainstitut, das fünf Jahre vor dem EU-Beitritt Österreichs gegründet wurde, begann er 2002 als Forschungassistent; vor Kurzem hat er sich habilitiert. Aspekte der Europäischen Integration werden an dem von der Kommission zum "Jean Monnet Centre of Excellence" gekürten Institut aus volkswirtschaftlicher, rechtswissenschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Perspektive analysiert.

Die Hälfte seiner Arbeitszeit verwendet der Niederösterreicher auf Forschung, wobei seine produktivste Zeit für Papers und Konferenzbeträge sehr früh am Morgen oder sehr spät am Abend ist. 35 Prozent der Zeit fließen in Lehre und 15 Prozent in Administration. Besonderen Spaß macht ihm die Lehre natürlich mit motivierten Studierenden, "die sich nicht nur eine gezielte Testvorbereitung abholen wollen". Sein Erfolgsrezept für den Wissenschaftsbetrieb hat exquisite Zutaten: gute Ideen, Selbstdisziplin, Durchhaltevermögen, Strategie, Spaß an der Arbeit, Leidenschaft - und etwas Glück.

Schrödinger-Stipendium

Im September wird er als Schrödinger-Stipendiat ein Jahr an das Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilians-Uni in München wechseln, wo er sich durch die Kooperation mit Peter Egger wissenschaftlich weiterentwickeln möchte. In dieser internationalen Atmosphäre wird er auch sein FWF-Projekt über "Produktivitäts-Spill-overs" vorantreiben.

Spill-over-Effekte in der Warenerzeugung zwischen OECD-Ländern möchte er mit einem räumlich-ökonometrischen Ansatz schätzen - eine echte Lücke in der Literatur. Dafür muss der Ökonom zunächst Maße für die Intensität der Interaktionen zwischen Industriezweigen konstruieren. Wenn die Gewichtungsmatrix fertig ausgeklügelt ist, "kann sie sicher auch für andere Anwendungsfälle von Interesse sein".

Von Bayern aus wird er zu seiner Familie mit zwei Kindern pendeln müssen, weil seine Frau mitten in der Facharztausbildung steckt. Wie überhaupt die Kinderbetreuung bei gleichberechtigten Partnern mit fordernden Berufen eine "gehörige Managementaufgabe" darstellt. Die Badingers bewältigen die wöchentliche Herausforderung mit einer Tagesmutter und mit Omas und Opas. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 27. Juni 2007)