Der Trend zu mehr Privatpleiten setzt sich fort.

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Wien – In Österreich schnappt in immer mehr Haushalten die Schuldenfalle zu. Die Zahl der Privatpleiten ist seit Jänner gegenüber dem Vorjahr um 14,5 Prozent auf 4372 Fälle gestiegen, zeigen die Statistiken des Kreditschutzverbands (KSV).

690 Privatkonkurse wurden mangels Masse nicht eröffnet. Unterm Strich kämpfen rund 300.000 Österreicher mit Zahlungsproblemen. Gut 120.000 Haushalte sind überhaupt zahlungsunfähig. Im Jahr 2000 waren es noch halb so viele.

In den kommenden sieben bis zehn Jahren wird sich die Zahl noch einmal verdoppeln, sagt Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des KSV. Auslöser seien Lebenskrisen, allzu leichtfertige Kreditaufnahmen und steigende Preise bei stagnierenden Einkommen.

Kantner kann dem Trend zu mehr Privatkonkursen jedoch auch Positives abgewinnen: In Zeiten guter Konjunktur trauten sich mehr Betroffene die Entschuldung zu. "Insolvenz markiert keinen Zusammenbruch, sondern den Beginn finanzieller Rehabilitation."

Um die überlaufenen Stellen für Schuldnerberatung zu entlasten, seien aber nicht nur mehr finanzielle Mittel nötig. Wer einen Kredit wolle, müsse stärker geprüft werden. „Es braucht ein Umdenken“, sagt KSV-Chef Johannes Nejedlik.

Entspannung gibt es bei den Firmenpleiten. Sie sind heuer um 2,2 Prozent auf 3333 Fälle zurückgegangen. Die größte war der GAK-Konkurs mit Passiva von 53 Mio. Euro. Knapp dahinter folgte die Insolvenz der Immobilienfirma Epsilon, die über das Factory-Outlet-Center Leoville stolperte.

Die meisten Pleiten gab es in Wien. Auf den Plätzen dahinter rangieren Niederösterreich und das Burgenland. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer sank um 18 Prozent. Die Summe der geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten blieb hingegen mit 1,1 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr stabil. Angeführt werden die Konkurse nicht mehr vom Bau, sondern von unternehmensbezogenen Dienstleistungen.

Neues Verfahren

Ab 2008 soll ein neues Sanierungsverfahren Unternehmern Zeit geben, innerhalb eines Monats selbst eine Kehrtwende zu schaffen. Das Justizministerium plant eine "Hybridform" aus Ausgleich und Konkurs. Der Schuldner muss an seine Gläubiger statt 40 Prozent Mindestquote nur 30 Prozent bezahlen und darf das Tagesgeschäft unter der Kontrolle eines Sanierungsverwalters vorerst selbst weiterführen.

Nejedlik hofft, dass dadurch viele Unternehmer statt den Kopf in den Sand zu stecken früher die Notbremse ziehen. Voraussetzung dafür sei aber eine starke Kontrolle. Kantner: "Es braucht ein Stoppschild, das jeder sehen kann." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.06.2007)