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Rodrigo de Rato

Foto: APA/EPA/Flückinger
Der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Rodrigo Rato, hat überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Nach der Jahrestagung im Oktober werde er sein Amt vorzeitig niederlegen, teilte der IWF Donnerstag in Washington mit. Rato führte persönliche Motive an: "Meine familiären Umstände und Pflichten, insbesondere in Hinsicht auf die Erziehung meiner Kinder, sind der Grund für den Amtsverzicht", erklärte der Spanier. Mit dem Rückzug bleiben Ratos Bemühungen für eine Reform der sechs Jahrzehnte alten Institution unvollendet. Kritiker bemängeln ein unzeitgemäßes Übergewicht der westlichen Industriestaaten.

Rato ist der zweite IWF-Chef in Folge, der sein Amt vorzeitig niederlegt. Er war im Mai 2004 Nachfolger des Deutschen Horst Köhler geworden, der als Bundespräsident nach Berlin wechselte. Ratos Amtszeit hätte regulär noch bis Frühjahr 2009 gedauert. Er hatte nach eigenen Worten bereits am Montag die Gremien des IWF über seine Pläne informiert. Er habe "ausreichend Zeit schaffen wollen, meinen Nachfolger zu benennen".

Mit dem Rücktritt von Rato, der vor der Berufung zum IWF Finanzminister in Spanien war, stehen die beiden großen internationalen Finanzinstitutionen in Washington vor einem Führungswechsel: Am kommenden Wochenende tritt der frühere US-Vizeaußenminister Robert Zoellick bei der Weltbank als neuer Präsident an. Während der Weltbank-Chef traditionell von den USA benannt wird, haben die Europäer das Vorschlagsrecht für den Chefposten des Währungsfonds.

Mächtige Institution

Der vor 63 Jahren gegründete IWF ist eine der mächtigsten Finanzinstitutionen der Welt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu fördern. Dazu vergibt der IWF Kredite an Staaten in wirtschaftlicher Not. Im Gegenzug verlangt sie, dass die Empfänger bestimmte Auflagen in ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik erfüllen. Diese Vorgaben waren immer wieder Anlass für Streit und Kritik.

In den letzten Jahren stellten Experten einen Rückgang des Einflusses des IWF fest. Grund dafür ist unter anderem, dass sich potenzielle Empfängerländer Geld auf den globalen Finanzmärkten leihen, um die IWF-Auflagen zu umgehen. Einige Länder in Asien und Lateinamerika haben inzwischen ihre Schulden beim IWF komplett beglichen und die Zusammenarbeit weitgehend eingestellt, so etwa Venezuela.

Reformbedarf

Kritiker halten den Fonds für dringend reformbedürftig, weil das derzeitige Übergewicht der westlichen Industriestaaten die globale Wirtschafstentwicklung nicht mehr ausreichend widerspiegele. Die USA und die europäischen Länder haben derzeit beinahe die Hälfte der Stimmrechte. Kleine Länder wie Belgien oder die Niederlande haben dadurch mehr Gewicht als etwa die wirtschaftlich boomende asiatische Regionalmacht Indien. Rato hatte sich um eine Reform der Institution bemüht, die allerdings nur schleppend vorankam. (APA)