Brustkrebszelle, visualisiert von Jeff Johnson.

Foto: STANDARD/ Jeff Johnson
Frage: Was ist eigentlich Krebs?

Antwort: Krebs ist nie gleich Krebs. Es gibt tausende verschiedene Formen. Was allen Arten gemeinsam ist, ist das plötzlich unkontrollierte Wachstum körpereigener Zellen, die bestehende Strukturen im Körper zerstört. Jede einzelne Zelle jedes Organs kann durch Schädigung der Erbinfomation zur Krebszelle werden. Frühformen werden allerdings durch komplexe, körpereigene Regulationsmechanismen in Kontrolle gehalten. Erst wenn diese Mechanismen gestört sind, kann es zur Manifestation der Erkrankung kommen.

Frage: Was ist Heilung?

Antwort: Wenn Krebszellen entfernt werden und über einen Zeitraum von fünf Jahren nicht mehr im Körper nachzuweisen sind.

Frage: Was ist der Stand der Dinge bei Krebsbehandlungen?

Antwort: Nach der exakten Diagnose der Erkrankungen schlägt die Medizin heute ein interdisziplinäres Behandlungskonzept vor. Dieses besteht aus der lokalen Behandlung, also der chirurgischen Entfernung und der Strahlentherapie, sowie dem systemischen Ansatz, also einer Therapie des gesamten Körpers. Dazu gehören die Chemotherapie, die auf molekulargenetisch definierten Besonderheiten des Tumors gezielte (targeted) Therapie sowie die Stammzellentherapie.

Frage: Wo gibt es die beste Krebsbehandlung?

Antwort: An den Universitätskliniken ist eine Therapie nach dem neuesten Stand der Erkenntnisse gewährleistet. In den Bundesländern wurden Schwerpunktkrankenhäuser eingerichtet.

Frage: Wie erkenne ich die Qualität eines Onkologen?

Antwort: Am besten, indem man recherchiert, was der behandelnde Arzt als Wissenschafter in den letzten Jahren publiziert hat. Weitere wichtige Fragen: Finden am jeweiligen Krankenhaus klinische Studien statt? Das sichert moderne Therapie und Qualitätskontrolle. Im individuellen Krankheitsfall ist zudem relevant, wie oft die eigene Diagnose in dem betreffenden Krankenhaus bereits gestellt und die Krankheit behandelt wurde. Auch bei Operationen ist diese Frage von entscheidender Bedeutung. Je öfter ein Chirurg eine bestimmte Art von Tumor operiert hat, umso besser.

Frage: Was ist das realistische Ziel der Mediziner?

Antwort: Lange Zeit wurde die Diagnose Krebs als Todesurteil betrachtet. Das Ziel der Mediziner ist, die aggressive Erkrankung Krebs in eine chronische Erkrankung umzu-wandeln. Dabei ist das Verständnis von Entstehungsmechanismen, die von der Genetik, der Umwelt, Hormonen etc. geprägt sind, von großer Bedeutung. Es geht darum, die Erkrankung in ihrem Keim zu bekämpfen. Dafür müssen Diagnosen und Typisierungen von Krebsarten spezifischer werden.

Frage: Was ist Evidenzbasierte Medizin?

Antwort: Eine, die auf Beweisen und Nachvollziehbarkeit basiert. Evidenz bedeutet das systematische Sammeln von Erfahrungen nach genau dafür definierten Regeln, um Erfolge wie Misserfolge nachvollziehbar zu machen.

Frage: Was sind klinische Studien?

Antwort: Ein reglementiertes Prozedere, um neue Therapien und Methoden am Menschen testen zu können. Es gibt vier Phasen: In Phase I wird die Wirkung einer Substanz auf Gesunde untersucht, in Phase II probiert man sie hinsichtlich ihrer Wirksamkeit am Kranken aus. In Phase III werden eine neue Therapie und eine bereits bestehenden Therapien in ihrer Wirkung verglichen (Doppelblind-Studie: Sowohl Prüfer als auch Patient wissen nicht, ob mit der zu prüfenden Substanz oder mit Placebo behandelt wird). Erst nach Phase III darf ein Medikament zugelassen werden. In Phase IV wird der breite klinische Einsatz beobachtet.

Frage: Wer kontrolliert diese Studien?

Antwort: Die Ethikkomissionen der medizinischenUniversitäten müssen alle Studie genehmigen. Das Verfahren zum Erstellen eines Studienprotokolls - so wird der genaue Behandlungsplan bezeichnet - dauert Monate. Die Patientengruppen, ihre Erkrankung und das Stadium der Erkrankung sind ausschlaggebende Kriterien. Für die Durchführung ist der Prüfer verantwortlich. Die Publikation einer Studie in einer Fachzeitschrift steht am Ende dieses Prozesses.

Frage: Wie werden Patienten in Studien aufgenommen?

Antwort: Welche klinischen Studien aktuell laufen, lässt sich an medizinischen Universitäten in Erfahrung bringen. Die Ärzte dort wissen über die sehr exakt definierten Aufnahmekriterien Bescheid. Die Teilnahme ist freiwillig. Der Vorteil: Zugang zu neuer Therapie. Das Risiko: Als Studienteilnehmer kann man durchaus auch im Rahmen einer Doppelblindstudie in der Placebo-Gruppe landen, die das Medikament nicht bekommt.

Frage: Muss man für die Teilnahme an Studie zahlen?

Antwort: Grundsätzlich nicht. Klinische Studien werden entweder von der Pharmaindustrie oder dem Forschungsförderungsfonds finanziert.

Frage: Warum gibt es immer wieder Sensationsmeldungen?

Antwort: Die Natur von Krebserkrankungen und der Verlauf einer Behandlung sind für einen medizini- schen Laien - und betroffe- ne Patienten sind Laien - kaum nachvollziehbar. Daraus ergeben sich Ängste und Hoffnungen, die den Weg für Heilsversprechun- gen ebnen. Allerdings gibt es im Rahmen der Krebsbehandlung auch immer wie- der ungewöhnliche Diagnosen und Krankheitsverläufe (im positiven wie im negativen Sinne), für die Mediziner naturwissenschaftliche Erklärungen suchen. Denn nur so kann Therapie vielen Patienten zugänglich gemacht werden.

Frage: Wer kontrolliert Medizinjournalisten?

Antwort: Niemand. Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten sah sich auf Anfrage in der Affäre Huber "nicht aufgerufen, sich in eine Diskussion einzumischen, welche der Presserat zu beurteilen hat". Der österreichische Presserat allerdings stellte vor genau fünf Jahren seine Tätigkeit als medienethisches Kontrollorgan ein. (pok/STANDARD/30.06.2007)