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Er sei nicht Sprengmeister sondern Baumeister der Koalition - das findet zumindest der ehemalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel.

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SPÖ-Klubobmann Josef Cap stichelte in Richtung Schüssel: "Was ich an Ihnen schätze, ist, dass Sie immer Lust zum Scherzen haben."

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Wien - Die Klubobmänner der Koalition, Josef Cap und Wolfgang Schüssel haben Sonntag Abend in der ORF-Diskussionsendung "Im Zentrum" eingestanden, dass sich in der Regierungsarbeit zumindest vom Stil her etwas ändern müsse. Das Miteinander sei "absolut verbesserungswürdig", meinte Alt-Kanzler Schüssel. Cap befand, dass man die Interessenskonflikte "kultivierter" austragen müsse. Von den Klubobmännern der Opposition hagelte es heftige Kritik an der Koalition.

Schüssel: Wollte Zusammenarbeit mit SPÖ

Schüssel versuchte mit einem betont staatstragenden Auftritt den Eindruck zu verwischen, dass er der mögliche Spaltpilz der Koalition sei. Hätte er die Zusammenarbeit mit der SPÖ nicht gewollt, hätten sich bei den Verhandlungen 25 Gründe gefunden, warum eine gemeinsame Regierung nicht gehe. Er sei also nicht Sprengmeister sondern Baumeister der Koalition, so der ehemalige ÖVP-Chef.

Cap zeigte sich angriffslustig

Cap zeigte sich vor allem zu Beginn angriffiger und urteilte, dass immer wieder Dissonanzen auftauchten, die Schüssels Handschrift trügen, etwa beim Eurofighter. Verwunderlich ist dies für den SPÖ-Klubchef nicht, sei der Alt-Kanzler doch nie ein Fan der Großen Koalition gewesen, erinnerte Cap daran, wie der damalige ÖVP-Obmann 1995 zu Neuwahlen gerufen hatte. Schüssel gab seinerseits der SPÖ die Verantwortung dafür, dass es 1999 nichts mehr mit einer Zusammenarbeit zwischen den Großparteien geworden sei.

Bösartigkeiten

Richtig unhöflich wurde es zwischen den beiden nicht, auch wenn die ein oder andere Bösartigkeit nicht fehlte, etwa als Cap in Richtung Schüssel meinte: "Was ich an Ihnen schätze, ist, dass Sie immer Lust zum Scherzen haben." BZÖ-Klubchef Peter Westenthaler empfahl dem Koalitionsduo in der Folge, sich mit einem Kabarett-Programm zu versuchen.

Differenzen um Eurofighter-Deal

Deutlich auseinander gingen die großkoalitionären Positionen in erster Linie beim Eurofighter. Schüssel zeigte sich erfreut, dass nun auch die SPÖ anerkenne, dass es sich um "Superflugzeuge" handle und dass Verteidigungsminister Norbert Darabos zum "Fan geworden ist". In Zweifel zog der Klubchef, dass die von Darabos ausgehandelten Einsparungen wirklich ein gutes Geschäft für die Republik seien. In die Stückzahl-Reduktion an sich wollte sich Schüssel nicht einmischen, da das eine von den Militärs zu beurteilende Frage sei.

Cap wiederum musste sich gegen oppositionelle Vorwürfe wehren, dass die SPÖ entgegen ihrem Wahlversprechen nicht aus dem Vertrag ausgestiegen sei und den Vergleich mit den Eurofighter-Anbietern auch noch vor Abschluss des U-Ausschusses abgeschlossen habe. Der Klubchef begründete Ersteres mit dem "Knebelungsvertrag", für den Schüssel die Verantwortung trage, und Zweiteres mit dem günstigsten Zeitpunkt für eine Vereinbarung mit EADS.

Opposition kritisch

Die Opposition zeigte sich davon wenig überzeugt. So sprach etwa Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen von einem "windigen Vergleich". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache empörte sich über einen weiteren Umfaller der SPÖ. Zumindest Westenthaler hatte Grund zur Freude. Der Vertrag, der in seiner Zeit als FPÖ-Klubobmann geschlossen wurde, habe sich nun endgültig als wasserdicht erwiesen.

Opposition: "Standbild", "Schmierenkomödie", "entscheidungsschwach"

Zum Zustand der Koalition fiel den Oppositionsvertretern wenig Positives ein. "Diese Regierung ist ein Standbild", urteilte Westenthaler und forderte von SPÖ und ÖVP Neuwahlen, "damit die Leute sie in die Wüste schicken können". Strache wiederum beklagte, dass die öffentlichen Streitereien nur eine Schmierenkomödie seien, denn Postenschacher etwa bei der Asfinag oder die Verlängerung der eigenen Machtposition mit der Verlängerung der Legislaturperiode funktionierten wie geschmiert. Van der Bellen sieht die Koalition als entscheidungs- und umsetzungsschwach beispielsweise beim Klimaschutz und in der Schulpolitik und warf den Großparteien vor, den Banken-Ausschuss einfach abzudrehen.

Besserung nach den "Geburtsfehlern" der Koalition erwartet sich Schüssel schon bald, etwa bei der Regierungsklausur in Eisenstadt Mitte Juli. Da kann er sich etwa eine "verpflichtende Sprachförderung" für Kinder mit Sprachdefiziten vorstellen. Geworben wurde vom ÖVP-Klubchef für eine Senkung des Spitzensteuersatzes. Nicht näher treten wollte er einer Reform der Parteienfinanzierung, die von allen anderen Fraktionschefs befürwortet wurde.

Duell zwischen FPÖ und BZÖ

Gegen Ende der Diskussion entwickelte sich neben dem Koalitionsduell auch ein etwas eigenwilliger Disput zwischen FPÖ und BZÖ. Anlass war eine OTS-Aussendung von Bündnis-Generalsekretär Gerald Grosz, in der dieser am vergangenen Freitag erklärt hatte, Strache habe eine Pressekonferenz krankheitsbedingt abgesagt, nachdem in Wien "dichtes Schneetreiben" geherrscht habe. Westenthaler meinte darauf - vom Moderator bezüglich des Vorwurfes des Kokain-Missbrauchs angesprochen - von dieser Aussendung gar nichts zu wissen und attestierte eine Fehldeutung. Strache gab sich gelassen und lud das BZÖ zu einem Harntest ein. Er unterziehe sich nämlich jährlich einem, da er immer wieder mit solchen Vorwürfen konfrontiert werde. (APA)