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Andreas Herzog in Edmonton.

Foto: APA/AP/Tschida

Edmonton/Alberta - Die derzeit in Kanada laufende Fußball-U20-WM bietet hunderten Talente-Suchern aus aller Welt ein riesiges Betätigungsfeld. Als Scout der besonderen Art befindet sich auch Andreas Herzog in Übersee, denn der ÖFB-Rekord-Teamspieler wird sich in den Partien der ÖFB-Auswahl genau anschauen, welcher Schützling von Paul Gludovatz eventuell noch ein Thema für Teamchef Josef Hickersberger bei der EURO 2008 werden könnte.

Im Interview sprach der Wiener über mögliche positive Folgewirkungen der U20-WM, Probleme der Jung-Kicker beim Sprung in die Kampfmannschaft eines Bundesligisten und das österreichische Nachwuchs-System. ~

Welche Chance bietet die U20-WM dem österreichischen Fußball im Allgemeinen?

 

"Es wäre sehr wichtig, dass die Mannschaft erfolgreich ist, damit der heimische Fußball wieder als Gewinner dasteht. Nachdem die letzte Bundesliga-Saison bald entschieden war und wir mit dem Nationalteam auch nicht so erfolgreich waren, wäre es ein toller Erfolg, wenn wir unter die letzten 16 kommen."

Und welche Türen könnten sich für die Kicker auftun?

 

"Es ist für alle eine große Chance, hier kann sich jeder in den Vordergrund spielen und zeigen, dass er in seinem Alter auf absolutem Top-Niveau mitspielen kann. Außerdem werden Willi Ruttensteiner und ich dem Teamchef berichten, wie sich jeder Einzelne geschlagen hat. Wenn der eine oder andere eine gute WM spielt und kommende Saison Stammspieler bei seinem Verein ist, hat er sicher die Möglichkeit, noch in den EM-Kader reinzurutschen."

Eine gute Endrunde haben österreichische Nachwuchs-Kicker schon oft gespielt, in eine Vereins-Kampfmannschaft schafften es dann aber nur noch wenige. Woran liegt das?

 

"Der Hauptgrund ist, dass diese Spieler im entscheidenden Alter, also mit 18, 19 Jahren, bei ihren Clubs im Gegensatz zu anderen Ländern nicht zum Einsatz kommen."

Also liegt Ihrer Meinung nach die Schuld bei den Bundesligisten?

 

"Ich denke schon. Natürlich muss jeder viel mehr an sich arbeiten, um seinen Club-Trainer zu überzeugen. Nur weil jemand ein junger Österreicher ist, muss man ihn ja nicht gleich aufstellen. Aber wenn ein Junger Potenzial hat und arbeiten will, muss ich ihm als Trainer die Möglichkeit geben, sich bei jedem Training zu verbessern, anstatt einen routinierten Ausländer zu holen."

Kann die aktuelle U20-Auswahl das Schicksal österreichischer Vorgänger-Teams vermeiden, die nach erfolgreichen Nachwuchs-Turnieren bei Ihren Vereinen nicht zum Zug kamen?

 

"Ich hoffe es. Wenn diese Mannschaft ins Achtelfinale kommt, dann haben die Bundesliga-Trainer keine Ausrede mehr, dann sollten sie schön langsam auch draufkommen, dass wir in Österreich Spieler haben, denen man das Vertrauen schenken sollte. Aber natürlich muss die Leistung und der Ehrgeiz der Spieler passen."

Würden Sie sich wünschen, dass der eine oder andere ÖFB-Spieler durch diese WM noch in diesem Sommer den Sprung ins Ausland schafft?

 

"Das wäre schön, aber die Spieler sollten zuerst einmal schauen, dass sie sich in Österreich in die Stammformation reinspielen, erst dann sind sie meiner Meinung nach so weit, dass sie über einen Auslandstransfer nachdenken können. Die Burschen haben nichts davon, wenn sie eine Riesen-WM spielen, dann zu Arsenal kommen, dort die Nummer 40 sind und wieder nicht spielen."

U20-Teamchef Paul Gludovatz hat das ÖFB-Nachwuchssystem zuletzt als "Breiten-, nicht Spitzensport-Förderung" bezeichnet. Teilen Sie diese Ansicht?

 

"Ich bin der Meinung, je jünger die Spieler sind, desto größer sollte die Breite sein. Aber ab einem gewissen Alter kann nur noch die absolute Elite gefördert werden. Bei uns ist in letzter Zeit auch durch das Challenge-Projekt einiges entstanden. Jedem jungen Spieler wird alles geboten. Wenn einer den Ehrgeiz hat, das alles zu nützen, damit er sich verbessert, dann wird er den Durchbruch schaffen, denn dieses System ist europäischer Top-Standard. Wichtig wäre es, dass es nach der EURO nicht wieder aufhört. Dieses Programm gehört länger durchgezogen."

Besteht diesbezüglich Gefahr?

 

"Das glaube ich nicht, denn man hat ja eindeutig gesehen, dass Erfolge im Nachwuchs da sind. Jetzt muss man aber noch den wichtigsten Schritt setzen, nämlich dass die A-Mannschaft erfolgreich ist."