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Patrouille an der Waterloo-Station in London.

AP Photo/Lefteris Pitarakis
Mohammed Asha war gerade erst 23, als er 2004 in Jordanien sein Medizin-Examen ablegte. In England gehörte er zu der großen Anzahl ausländischer Ärzte, die in den staatlichen Krankenhäusern des Landes praktizieren. Seine Arbeitserlaubnis für zwei Spitäler in Shrewsbury und Telford in Mittelengland war erst im Mai für ein weiteres Jahr verlängert worden.

Seit dem Wochenende sitzt der 26-jährige Jordanier ebenso in Untersuchungshaft wie ein irakischer Berufskollege. Beide stehen unter dem Verdacht, zu der Terrorzelle zu gehören, deren Autobomben-Attentate in London und Glasgow Alarmstufe eins auslösten. Bisher wurden insgesamt sieben Personen festgenommen. Innenministerin Jacqui Smith sprach am Montagnachmittag im Unterhaus von einer weiterhin "andauernden, ernsten Bedrohung" der britischen Gesellschaft.

Bekannte Pläne

Geheimdienste und Staatspolizei waren auch am Montag damit beschäftigt, ihre Archive nach möglichen Verbindungen zu den bisher Festgenommenen zu durchsuchen. Zwar war in den Terrorprozessen der vergangenen Monate bereits mehrfach von Plänen die Rede, die im Irak übliche Anschlagsart einer Autobombe auch in Großbritannien anzuwenden.

Doch die mit Benzin und Propangas-Flaschen beladenen Mercedes-Fahrzeuge in der Londoner Innenstadt waren die ersten Autobomben ihrer Art in Europa. Am Glasgower Flughafen blieb ein Terror-Duo mit einem Jeep in der Tür des Abfertigungsgebäudes stecken. Einer der Täter schwebt noch in Lebensgefahr; sein Komplize arbeitete als Arzt am selben Spital, wo jetzt seine Kollegen um das Leben des Attentäters kämpfen.

Den Attentätern von Glasgow war die Polizei offenbar kurz vor der Tat dicht auf den Fersen: Wenige Minuten vor dem Anschlag hätten Ermittler eine Wohnungsvermittlung angerufen, sagte ein Mitarbeiter. Die Polizei habe wissen wollen, warum die Firma eine bestimmte Telefonnummer gewählt habe. Die Agentur hatte zwei Verdächtigen eine Wohnung vermittelt.

Neue Anschlagsform

Unterdessen setzt in Großbritannien die Debatte darüber ein, ob im Kampf gegen Al-Kaida und andere islamistische Terrorzellen neue Gesetze benötigt werden. Der liberaldemokratische Lord Alex Carlile zeigte sich "nicht im mindesten überrascht” über die neue Anschlagsform. Er habe Autobomben seit einiger Zeit erwartet, sagte der Strafrechts-Anwalt, der seit Jahren als unabhängiger Prüfer der Terror-Gesetzgebung fungiert. "Wir hatten großes Glück am Wochenende. Jetzt müssen wir eine angemessene Antwort finden", so Carlile.

Die Diskussion drehte sich zuletzt vor allem um die Frage, ob die Polizei Terror-Verdächtige länger als 28 Tage ohne Anklage festhalten dürfe. Von Regierungschef Gordon Brown weiß man, dass er über die drakonischen Maßnahmen hinausgehen will: Die Rede ist von bis zu 90 Tagen Polizeihaft, ohne dass dem Inhaftierten ein klarer strafrechtlicher Vorwurf gemacht wird. Der schottische Ministerpräsident Alex Salmond lehnte diese Verlängerung ab.

Mit dem vorbeugenden Arrest hätten sich die Briten in den Siebzigerjahren viele Katholiken Nordirlands erst zu Feinden gemacht, warnt auch Shami Shakrabarti von der Bürgerrechts-Organisation Liberty. "Wir sollten heute nicht den gleichen Fehler mit den Muslimen wiederholen." Unterdessen kontrolliert die Polizei landesweit die Zugänge zu allen Flughäfen und Bahnhöfen. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 3.7.2007)