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Rund 24 Prozent der gesamten Biomasseproduktion des Globus verleibt sich der Mensch ein. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf geerntete Produkte aller Art.

Foto: AP Photo/Matthias Rietschel
Wien - "Macht euch die Erde untertan." Mit dieser alttestamentarischen Aufforderung hat der neuzeitliche Mensch ziemlich Ernst gemacht. Wie ernst, das haben nun österreichische Forscher auf Punkt und Beistrich ausgerechnet.

Sie stellten nämlich das, was die Erde unter natürlichen Umständen - also ohne menschlichen Einfluss - an Biomasse produzieren würde, dem gegenüber, was sie unter herrschenden Bedingungen tatsächlich hervorbringt. Und dabei zeige sich, dass Menschen 23,8 Prozent der möglichen Biomasseproduktion aller Ökosysteme der Erde für sich beanspruchen.

Der Ansatz, den die Forscher um Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie der Universität Klagenfurt dabei wählten, nennt sich HANPP, was für Human Appropriation of Net Primary Production steht. Für die Studie, die heute im Fachmedium PNAS veröffentlicht wird, haben Haberl und seine Kollegen die Erde in rund 10 mal 10 km große Zellen eingeteilt (das macht insgesamt 8 Millionen Zellen in insgesamt 161 Ländern).

In jahrelanger Arbeit haben sie mithilfe von Statistiken, Fernerkundungsdaten und dynamischen Vegetationsmodellen jeder Zelle ihre potenzielle Primärproduktion, ihre jetzige Nutzung und ihre tatsächliche Primärproduktion (Stand 2000) zugeordnet. Das Ergebnis sind eben die 23,8 Prozent "menschlicher Konsum", wobei davon wiederum mehr als die Hälfte auf Ernten entfällt, 40 Prozent auf Änderungen der Landnutzung und 7 Prozent auf vom Menschen ausgelöste Feuer.

Helmut Haberl sieht in dieser Entwicklung eine massive Bedrohung der Artenvielfalt, denn die "Biomasse ist der Brennstoff der Ökosysteme". Wenn ein großer Teil dieses Brennstoffs von einer einzigen Art, nämlich dem Menschen, konsumiert wird, bleibt für die anderen Arten immer weniger über.

Nötiges Öko-Umdenken

Unter diesen Umständen sollten manche lieb gewonnenen Konzepte neu überdacht werden, allen voran die Energiegewinnung aus Biomasse. "In der EU", so Haberl, "wird die Biomassenutzung heute noch unangefochten als Klimaschutzmaßnahme propagiert." Biomasse sei zwar erneuerbar, aber nicht ohne ökologische Kosten. Die Naturschutzsicht werde dabei viel zu wenig beachtet.

Flüssige Energieträger würden außerdem überbewertet: "Der Bio-Sprit braucht enorm viel Fläche, weil der Energieertrag pro Flächeneinheit verhältnismäßig gering ist." Außerdem sei der Energie- Output relativ schlecht, denn für die Gewinnung von 1 Joule Biotreibstoff muss man 0,3 bis 0,5 Joule Fossilenergie hineinstecken.

Stattdessen wirklich empfehlenswert wäre die kaskadische Nutzung von Biomasse, also die Nutzung von organischen Abfällen, z. B. die Biogasgewinnung aus Fäkalien, die nicht nur Biogas als Energiequelle ergibt, sondern gleichzeitig auch einen besonders guten Dünger. (Susanne Strnadl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 7. 2007)