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Ausgestellt: Am Tag vor der Eröffnung wurde in den Ausstellungsräumen noch gearbeitet und geputzt. In der Mitte steht die Hologramminstallation mit dem Schachtel-Block.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Aufbewahrt: Ein Blick auf das provisorische Archivalien-Lager in der Anlaufstelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.

Foto: Anlaufstelle der Israelitischen Kultusgemeinde
Es soll im Wiesenthal-Institut Platz finden. Für das noch im Juli eine Entscheidung fallen könnte, wie die IKG hofft.

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Wien – Mit so einem Fund hatte niemand gerechnet: In einem Haus in der Wiener Herklotzgasse, das der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) gehörte, stapelten sich in zwei Räumen einer Wohnung 800 Umzugskartons, dutzende Karteiladen sowie ein riesiger Bücherturm.

Jetzt, sieben Jahre später, nach langwieriger Sichtung und Bearbeitung, beschäftigt sich eine Ausstellung des Jüdischen Museums mit dem "Bestand Herklotzgasse" – sowie anderen Teilen des Archivs der IKG. "Ordnung muss sein. Das Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde" zeigt ab heute, Mittwoch, erstmals kleine Teile der IKG-Geschichte. Offiziell begründet wurde dieses 1816, wobei die ältesten verwahrten Dokumente bis ins 17. Jahrhundert reichen. Anders als in Deutschland und im restlichem Österreich hat die Wiener Gemeinde während der NS-Zeit weiter bestanden – ab 1941 wurde sie von den Nazis zwangsweise in die Deportation der verbliebenen jüdischen Bürger eingebunden.

500.000 Seiten aus den Jahren der NS-Herrschaft in Österreich, durchmischt mit älterem Material, bietet der Bestand als Ausstellungsmaterial. Die Ausstellung will aber nicht nur wesentliche Aspekte der Geschichte der Wiener jüdischen Gemeinde zeigen, sondern sich auch mit der Frage des Archivs als Gedächtnisort beschäftigen. Wie nähert man sich dem Thema "Archiv" in einer Ausstellung? Die Organisatoren stellen in das Zentrum eines Raumes einen Block aus zig aufeinandergestapelten schwarzen Kartons, der sich in einer Hologramm-installation befindet. In dem so verengten Ausstellungsraum werden in "vitrinenartigen Rahmen", wie es heißt, Exponate gezeigt.

Darunter findet sich beispielsweise die "Selbsteinschätzung der Kultussteuer von Sigmund Freud". Sowie eine Wandkarte der Nationalsozialisten, die mit "Die jüdische Wanderung aus der Ostmark" getitelt ist. Auf ihr ist die "Judensterblichkeit" vermerkt wie auch die "Judengeburten". Erschreckend akribisch werden in einer Art Organigramm die "für die Auswanderung anzulaufenden Ämter" angeführt.

Die IKG wie auch das Museum hoffen, dass der "Bestand Herklotzgasse" Teil eines Wiesenthal-Instituts wird (siehe "Weiter Warten auf das Wiesenthal-Archiv" ). Das umfangreiche Archiv könnte "mehr als eine solide Quellenbasis schaffen", sagte der Direktor des Jüdischen Museums, Karl Albrecht-Weinberger, am Dienstag. Optimistisch gibt sich auch die Kultusgemeinde. Ingo Zechner, Leiter der Anlaufstelle der IKG: "Wir hoffen, dass es noch im Juli zu einer wegweisenden Entscheidung kommen wird." (pm, DER STANDARD - Printausgabe, 4. Juli 2007)