Die New Yorker Beastie Boys gastieren nächste Woche im Rahmen des Nuke-Festivals in St. Pölten.

Foto: EMI
St. Pölten - Wer nichts zu sagen hat, soll schweigen. Das gilt zwar an jedem Stammtisch als (alkoholbedingt dann meist ignorierte) Binsenweisheit, im HipHop ist es dennoch eher unüblich. Zumal es zu den Degenerationserscheinungen dieses Genres gehört, das jene, die am lautesten und wortreichsten nichts sagen, oftmals zu den größten Stars werden. Siehe die hinlänglich bekannten Raps über die großen Freuden des kleinen Mannes: dickes Auto, Frauen ohne Ende, Geld bis unters Dach ...

Also jener Themenpool, aus dem grob geschätzt zwei Drittel des zeitgenössischen HipHop seine "Inspiration" bezieht.

Die New Yorker Rap- und immer wieder auch Funk- und Punk-Band Beastie Boys, die erste und bis heute erfolgreichste weiße Formation in diesem Fach, verweigert auf ihrem eben erschienenen Album The Mix-Up (EMI) jedenfalls das gesprochene Wort: The Mix-Up ist ein Instrumentalalbum, auf dem die Protagonisten Michael Diamond, Adam Horovitz und Adam Yauch und der als eigentliches musikalisches Rückgrat fungierende Keyboarder Money Mark ihrer bekannten Liebe zu 70er-Soul und -Funk frönen.

Wobei instrumentaler Soul und Funk ein schwieriges Unterfangen sind, gilt doch die mittels Stimme vermittelte emotionale Vielfalt hier als Gradmesser und Qualitätsindikator. Ausnahmen wie die Hausband des Soul Labels Stax, Booker T. & The MGs, oder auch die Funk Brothers (Motown) bestätigen diese eherne Regel.

Herzblut und Scheitern

Darum wundert es nicht weiter, dass die Ende der kommenden Woche beim St. Pöltener Nuke-Festival als Hauptact auftretenden Beastie Boys mit The Mix-Up trotz einfließenden Herzbluts und nachvollziehbarer Zuneigung scheitern. Scheitern wie in: Langsam wird's fad.

Denn die Band, die in ihrer Vergangenheit bewiesen hat, dass sie durchaus in der Lage ist, ein, zwei gepflegte Funk-Kracher pro Album zu produzieren, verheddert sich hier in gut gemeintem, aber ohne Feuer gespieltem Kaffee-und-Kuchen-Soul, der in keiner Oma-Konditorei der Welt weiter negativ auffallen würde. Immerhin haben die New Yorker aber während ihren bisher auf der aktuellen Europa-Tournee absolvierten Shows immer auch alte Stücke gespielt, also gerappt oder ein paar explosive Punk-Wuchteln in ihr Programm eingestreut.

Für tatsächlich elektrifizierenden Soul hat das Nuke-Festival ohnehin jemand anderen am Programm: Amy Winehouse. Die Britin mit dem ihre Vorliebe für exzessives Gluckgluck gut beschreibenden Namen hat heuer das phänomenale Album Back To Black veröffentlicht, auf dem die schlecht wie ein Lastwagenfahrer tätowierte Sängerin in herrlich unwirschem Tonfall über Versuche, sie in eine Rehabilitierungsklinik zu stecken, stänkert oder "Love" lebenserfahren als "Losing Game" beschreibt. Und das in einer Art, die der hoch energetischen Vorlage für Winehouses Musik in nichts nachsteht: der unberührbaren Etta James. Winehouse, die auch als nächstes James-Bond-Girl im Gespräch war, könnte, so es ihr gelingt, ihr Album adäquat live umzusetzen, der große Abräumer, die große Überraschung beim Nuke werden.

Der Rest des Festival-Programms ist gut bis sehr gut, aber auch hinlänglich bekannt. (Karl Fluch/ DER STANDARD, Printausgabe, 4.7.2007)

Programm

Das Nuke-Festival (13.- 14. Juli) bietet u. a. folgende Live-Acts: Beastie Boys, die Big-Beat-Pioniere The Prodigy, Deutsch-Hip-Hop mit Fanta Vier, Schlager von Wir sind Helden und Silbermond, mexikanisch-amerikanische Grenzlanderzählungen von Calexico, die Österreichpremiere der britischen Soulsängerin Amy Winehouse, die HipHop-Band The Roots sowie im Subfestival "Roots & Vibes" Reggae-Künstler wie Beenie Man und viele andere mehr. (flu)