Von einem langjährigen Finanzminister kann man eigentlich erwarten, dass er die Grundrechenarten beherrscht. Großbritanniens neuer Premierminister Gordon Brown bewies beim ersten parlamentarischen Schlagabtausch mit dem Führer der Opposition, David Cameron, am Mittwoch, dass es auch ohne diese Fähigkeit geht. Der Konservative solle ihn nicht so bedrängen, sagte Brown genau eine Woche nach seinem Amtsantritt am 27. Juni, „schließlich bin ich erst seit fünf Tagen im Amt“.

Der kleine Fauxpas amüsierte die Opposition, hinterließ aber keinen bleibenden Eindruck. Am Tag der Freilassung des im Gazastreifen entführten BBC-Korrespondenten Alan Johnston, wenige Tage nach den nicht detonierten Autobomben von London und Glasgow traten die beiden Politiker staatsmännisch auf. Immerhin wurde deutlich, wie der 56-jährige Premier und sein 40-jähriger Herausforderer die Briten für sich einnehmen wollen. Während Brown sich als neuer Mann an der Spitze einer neuen Regierung darstellte, erinnerte Cameron auf subtile Weise daran, dass Labour seit zehn Jahren an der Macht ist.

Neue Grenzpolizei

Im Kampf gegen den Terrorismus riet der Oppositionsführer zu drei Maßnahmen: die Zulassung von geheimdienstlichen Abhörprotokollen als Beweismittel in Strafprozessen, wie es in vielen anderen westlichen Ländern praktiziert wird; ein Verbot extremistischer Organisationen; die Einrichtung einer Polizei zur besseren Überwachung der britischen Grenzen. Der Premier kündigte seinerseits eine rasche Überprüfung des Nationalen Gesundheitswesens NHS an, das beinahe die Hälfte seines Personals aus dem Ausland rekrutiert. Sämtliche bisher sistierten mutmaßlichen Autobomber waren entweder als Ärzte oder Laboranten im NHS beschäftigt. Die Untersuchung wird vom neuen Sicherheits-Staatssekretär, Admiral Alan West, geleitet, der nicht Labour angehört.

Am Dienstag hatte Brown seinen ersten Auftritt als Premierminister im Unterhaus den geplanten Verfassungsreformen gewidmet und dabei die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates angekündigt. Er wolle „Parlament und Volk mehr Macht geben“, sagte der Labour-Politiker. So soll in Zukunft nicht mehr der Regierungschef, sondern das Parlament über britische Kriegseinsätze im Ausland entscheiden. Auch bei der Besetzung wichtiger Posten, etwa dem Zins-Ausschuss der Bank von England, soll das Unterhaus in Zukunft das letzte Wort haben. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Print, 5.7.2007)