Heinz Lutter, Architekt

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Foto: Lutter
Ein Blick gen Himmel, ein wenig Garten rundherum und etwas Ausblick genießen können - ein Traum, der für viele Städter unerfüllt bleibt. Wer dem urbanen Wohnen nach Sardinenbüchsen-Prinzip allerdings entsagt, der findet sich zwangsweise im für Österreich typischen Einfamilienhaus am Stadtrand wieder.

Dort, am Waldrand, goutiert die Stadtplanung eher Prestigeprojekte, als dass sie sich mit der komplizierteren Materie der Stadtverdichtung auseinander setzt. Das ist kaum verwunderlich angesichts der rigiden Bestimmungen der Wohnbauförderung, der Profitorientiertheit privater Investoren, dem Errichten von Schutzzonen, dem Bangen ums Weltkulturerbe oder den zunehmend einengenden Hochhaus- und Bebauungsbestimmungen. Vielleicht ist genau das die lang ersehnte, plausible Erklärung für die Ideen-Armut im städtischen Wohnbau?

Doch es ginge auch anders. Die Bautradition des 19. Jahrhunderts hinterließ in Wien die endlos wiederkehrende Bebauung ganz nach dem Motto Straße-Block-Hof. Den zeitgemäßen Ansprüchen ans Wohnen kann diese jedoch längst nicht mehr genügen. Dennoch kann die Blockstruktur eine fruchtbare Basis für Neues sein. Das bewies Architekt Walter Stelzhammer mit seiner Idee vom "Stadtsockel mit Wohndach".

Dieser Typus von Gebäudekomplex besteht in den unteren Geschoßen aus dem "Stadtsockel", der beispielsweise zusammenhängende Grünzonen, aber auch soziale und kommerzielle Einrichtungen aufnehmen kann. Der Sockel schafft genügend Raum für Geschäfte, Supermärkte, Sporteinrichtungen, aber auch für Dienstleistungs-, Verwaltungs- sowie Vergnügungseinrichtungen. Über dem Sockel entwickelt sich dann das individuelle "Wohndach" mit zwei- bis dreigeschoßigen Gartenhofhäusern, mit reichlich Freiraum, mit Terrassen, Atriumgärten und Dachgärten - sozusagen das Einfamilienhaus auf der Stadt, und das mit Blick in den Himmel. Das Ergebnis ist urbane Verdichtung at its best.

Um so eine Idee tatsächlich zu verwirklichen, müssten die Entscheidungsträger der Stadt allerdings erst einmal umdenken. Einen Versuch wäre es alle Mal wert! Daher mein Aufruf für eine zukünftige Expertenrunde: Anders ist Wien angeblich schon lange. Nun wäre es an der Zeit, sagen zu können: "Wien wohnt anders." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.6./1.7.2007)