Einem potenten italienischen Verehrer verdankt Guido Cagnaccis "Lucrezia" ihren Top-Preis von 1,4 Millionen Euro.

Foto: Dorotheum
Eine Saisonbilanz zwischen Boom und Rezession, zwischen Katastrophe, Zweckoptimismus und Jubel.


Regenerierbare lebende Ressourcen dürfen nur in dem Maße genützt werden, wie Bestände natürlich nachwachsen. Das so definierte Prinzip der Nachhaltigkeit findet auf dem Kunstmarkt kaum Anwendung. Auch nicht die boomende Sparte zeitgenössischer Kunst zollt diesem Gummiwort Attribut.

Die Produktionsquellen sprudeln wie nie, gleichzeitig hält sich die starke Nachfrage, die von Pessimisten vermutete platzende Blase scheint fern. Der Markt der Kunst hat sich scheinbar zu einer Zone der Nachhaltigkeit entwickelt. Während sich die Umsatzspirale dieser Sparte in New York in unvorstellbare Höhen schraubt, gewinnt sie hierzulande, zumindest im transparenten Auktionsgeschäft, nur zaghaft an Terrain.

Ein Blick auf die zehn höchsten Auktionszuschläge dokumentiert dies eindeutig: International ist dieses Ranking fest in der Hand der nach 1945 aktiven Protagonisten; in Deutschland und Österreich nicht, da haben Klassische Moderne oder Alte Meister das Ruder in der Hand. Besonders krass ist der Gegensatz in der Alpenrepublik, wo es kein einziges Werk der Sparte zeitgenössische Kunst unter die zehn höchsten Zuschläge geschafft hat. Noch 2006 hatte mit Johann Georg Müller (Rosenmontag, 1978; 336.000 Euro/Dorotheum) ein deutscher Vertreter zum Halbjahr (3. Platz) den Fuß in der Tür. Mit Maria Lassnig (Sciencefiction, 1963; 170.800 Euro/im Kinsky) fand sich zuletzt 2004 eine Österreicherin in dieser Aufstellung. Das liegt natürlich am Preisniveau: 2004 betrug der höchste Zuschlag 675.000 Euro (Egon Schiele, Selbstbildnis/im Kinsky), aktuell liegt dieser bei 1,4 Millionen (Guido Cagnacci, Lucrezia /Dorotheum). Auf Platz zehn lag 2004 mit 84.000 Euro eine Arbeit aus der Werkstatt Anthonis van Dycks (Der Christusknabe/Dorotheum) - 2007 gibt Olga Wisinger-Florians 300.000 Euro teurer Blühender Bauerngarten (Dorotheum) das Schlusslicht.

Zaghafte Zeitgenossen

Insgesamt scheint Österreich auf die beste Saison überhaupt zurückzublicken, gemessen an den Rekord- umsätzen der Auktionshäuser jedenfalls. Bei den etablierten Kunstmessen in Wien und Salzburg kämpfte man mit stagnierenden Besucherzahlen. Viele verbuchten heuer dennoch die besten Messeverkäufe jemals, bei anderen lief es inoffiziell katastrophal, offiziell übt man sich in Zweckoptimismus. Lediglich sorgsam zusammengestellte Sonderpräsentationen dürfen sich über neue Kunden freuen. Am besten lief es mit entsprechendem Engagement für die in zweiter Generation geführten Kunsthandlungen.

Seitens der Auktionshäuser herrscht unterschiedliche Kommunikationspolitik. Das Dorotheum - die letzten beiden Auktionsreigen brachten netto 10,58 (April) bzw. 9,17 (Mai/Juni) Millionen - will, trotz der gesicherten besten Halbjahresbilanz seiner Geschichte, keine detaillierten Zahlen veröffentlichen. "Im Kinsky" freut sich souverän, und hier ganz offiziell über das beste Halbjahr, der Umsatz stieg im Vergleich zu 2006 um weitere 39 Prozent auf ein Total von 10,85 Millionen Euro.

Den höchsten Zuschlag verbuchte man hier ausgerechnet in der vom Dorotheum stillgelegten Sparte Asiatika, und mit der von ebendort an die Freyung übersiedelten Expertin Jorinde Ebert. Bei zeitgenössischer Kunst verzeichnete man hier einen "Hype en miniature" - konkret steigerte sich der Absatz hier insgesamt um die 40 Prozent. Das Preisniveau liegt allerdings deutlich hinter jenem der Klassischen Moderne. Otto Hans Resslers Form einer Action directe: Ab Herbst wird die Anzahl an zeitgenössischen Auktionen verdoppelt. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.7.2007)