240-mal zeigten im Jahr 2006 heimische Ermittler Fälle von Kinderpornografie bei den Staatsanwaltschaften an. Die Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung war noch weit größer: 4151 Mitteilungen gingen im Vorjahr an die Meldestelle Kinderpornografie im Innenministerium. Die steigende Popularität von Onlinewelten stellt aber Politik und Justiz möglicherweise vor neue Probleme: Denn ist Sex mit einem Kinder-Avatar in "Second Life" eine kinderpornografische Darstellung? Und kann ein Kind im PC überhaupt vergewaltigt werden?

Zumindest im zweiten Punkt ist sich Christian Manquet aus dem Justizministerium sicher: "Virtuell vergewaltigen kann man niemanden", stellt er im Gespräch mit dem Standard klar. Allerdings sei eine Körperverletzung denkbar - wenn ein Kind beim Betrachten einer derartigen Szene traumatisiert wird, beispielsweise.

Nur im Einzelfall zu beantworten ist die Frage, ob nachgestellter Kindesmissbrauch Kinderpornografie ist oder nicht. Schließlich ist im entsprechenden Paragraf 207a des Strafgesetzbuches die Rede von der "wirklichkeitsnahen Darstellung". "Ob die vorliegt, muss sich jeweils ein Gericht anschauen", meint Manquet. Grundsätzlich gibt es für ihn aber "nur eine Wirklichkeit, auch wenn sich das fast philosophisch anhört." Kinderpornografie liege deshalb auch dann vor, wenn mittels Computerprogrammen ein Bild künstlich erzeugt wird und kein echtes Kind missbraucht worden ist.

Die Befürchtung der Politik: Auch diese Bilder könnten die Nachfrage nach realer Kinderpornografie steigern und Täter zu Vergewaltigungen veranlassen. In der VP wird das emotional stark besetzte Thema Kampf gegen Kinderpornografie daher forciert: Der neue Justizsprecher Heribert Donnerbauer verteidigt im derStandard.at-Interview seine Forderung nach neuen Gesetzen gegen virtuellen Kindesmissbrauch. Innenminister Günther Platter wiederum forderte am Mittwoch verschärfte Gesetze und Berufsverbote für Pädophile. (moe/DER STANDARD, Printausgabe vom 5.7.2007)