Richardson: Falsche US-Antiterrorpolitik.

Foto: Urban
Wien – Ja, auch sie sei über den beruflichen Hintergrund der verhinderten britischen Terrorattentäter verwundert gewesen, meint die amerikanische Terrorexpertin Louise Richardson im Gespräch mit dem STANDARD. Es sei zwar bekannt, dass viele islamistisch inspirierte Gewalttäter eher aus der Mittelschicht kommen. Doch dass sich gleich mehrere Ärzte zusammenschließen, um menschliches Leben zu zerstören anstatt zu retten, das sei denn doch ungewöhnlich.

Ein besonders beunruhigender Aspekt dieser Sache: Ärzte sind tendenziell eher als Normalbürger in der Lage, in den Besitz (schwach) radioaktiven Materials zu kommen, das sich zur Verfertigung so genannter „schmutziger Bomben“ verwenden ließe, einer Kombination aus einem konventionellen Sprengsatz und strahlenden Abfällen, wie sie etwa in Krankenhäusern anfallen. Dieser Aspekt ist der Harvard-Professorin Richardson – sie hat am Mittwoch auf Einladung des Renner-Instituts in Wien referiert – in der Presseberichterstattung bisher viel zu kurz gekommen.

Die Terrorforschung an den US-Universitäten, meint Richardson, habe im Gefolge der 9/11-Abschläge logischerweise stark zugenommen, zumal auch das „Department of Homeland Security“ erhebliche Summen dafür locker gemacht hat. Leider, beklagt Richardson, sei ein großer Teil dieser Terrorforschung „ideologiegetrieben“ – während umgekehrt alles, was der Terrorauffassung der Bush-Regierung widerspricht, von dieser einfach ignoriert werde.

„Es hat seit Woodrow Wilson keine US-Regierung gegeben, die so wenig gewillt war, gegensätzliche Standpunkte zur Kenntnis zu nehmen wie diese Administration“, meint Richardson, eine gebürtige Irin, die intensiv in den terroristischen Milieus ihres Geburtslandes geforscht hat und sich daher auch in die sozialen und mentalen Befindlichkeiten solcher Täter gut hineindenken kann: „Rache, Ruhm und (die Erzwingung einer) Reaktion“ sind die Kräfte, die sie antreiben, titelt Richardson ein Kapitel in ihrem viel gelobten Buch „Was Terroristen wollen“ (Campus). (Christoph Winder/DER STANDARD, Printausgabe, 6.7.2007)