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Öffentliches Training von Wladimir Klitschko.

Foto: Rys/Getty
Hamburg - Die Schmach von Las Vegas nagt noch heute an Wladimir Klitschko. Mehr als drei Jahre nach der demütigenden K.o.-Niederlage gegen Lamon Brewster im amerikanischen Spieler-Eldorado will der Box-Weltmeister aus der Ukraine die offene Rechnung endlich begleichen. Am Samstag (22:25 Uhr/RTL) hat der Schwergewichts-Champion der International Boxing Federation (IBF) den US-Amerikaner in der Kölnarena erneut vor den Fäusten. "Ich freue mich wahnsinnig auf diesen Kampf", sagt Klitschko.

"Mieser Verlierer"

Der 31-jährige Titelverteidiger weiß, dass er nur mit einem klaren Sieg verloren gegangenes Renommee in den USA zurückgewinnen kann. Als "Weichei" und "Glaskinn" wurde Klitschko in den US-Medien verspottet, weil er von Brewster in der fünften Runde auf die Bretter geschickt worden war. Als der Unterlegene dann auch noch wilde Theorien über K.o.-Tropfen und Sabotage spann, erhielt er das Brandzeichen "mieser Verlierer". Lügendetektoren wurden eingesetzt, Vertraute entlassen, das FBI eingeschaltet - doch heraus kam nichts.

Heute spricht Klitschko über den 10. April 2004 nur ungern. "Es war einer der schwärzesten Tage meiner Karriere. Nach zwei Runden war meine Kraft weg. Ich weiß bis heute nicht, warum. Aber ich will mich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen. Ich schaue nicht zurück, sondern nach vorn", schwört der Champion, der als der stärkste der amtierenden Weltmeister (Ruslan Tschagajew/WBA, Sultan Ibragimow/WBO, Oleg Maskajew/WBC) in seiner Gewichtsklasse eingestuft wird.

"Ich gehe mit null Emotionen in den Kampf"

Seither hat Klitschko (48 Siege, 3 Niederlagen) sechs Kämpfe bestritten und allesamt gewonnen. Seine Psyche scheint so stabil, dass ihn auch die Neuauflage gegen den Alptraum Brewster nicht aus den Boxstiefeln werfen kann. "Ich gehe mit null Emotionen in den Kampf", behauptet der zwei Meter große Modellathlet. Glauben mag man ihm die Ansage allerdings nicht. Stattdessen blickt der jüngere Bruder von Ex-Weltmeister Vitali Klitschko lieber in die Zukunft. "Meine beste Zeit als Boxer kommt noch. Ich habe meinen Zenit noch nicht erreicht."

Klitschko möchte es sich auf dem WM-Thron häuslich einrichten. Während er um sich herum Weltmeister im Eiltempo kommen und gehen sieht, will er selbst zur Konstante werden. Noch immer ist die angepeilte Familien-Regentschaft, gemeinsam mit Bruder Vitali Schwergewichts-Champion zu sein, das höchste Ziel seines Weltmeister-Daseins. Ausgeschlossen ist das nicht: Am 22. September gibt der 35-jährige Vitali in München sein Comeback gegen den Amerikaner Jameel McCline.

"Er ist älter geworden"

Brewster wird für Wladimir Klitschko nicht der harte Widersacher wie vor drei Jahren sein. "Er ist älter geworden, aber mit Sicherheit nicht besser", sagt Jean-Marcel Nartz, Technischer Leiter im Universum-Boxstall. "Einige Materialschlachten haben ihm zugesetzt." Die Netzhautablösung, die Brewster in seinem letzten Kampf vor 15 Monaten erlitten hat, ist operativ behoben worden und ausgeheilt. Ein erneuter Defekt ist jedoch nicht ausgeschlossen. "Ich kann euch versprechen, ihr werdet den besten Lamon Brewster aller Zeiten sehen. Ich bin in der Form meines Lebens", tönt der Amerikaner (33 Siege, 3 Niederlagen).

Rund 19.000 Zuschauer werden in der Kölnarena zu dem Spektakel erwartet. Der übertragende TV-Sender RTL berichtet, als ginge es um eine Bundestagswahl: 17 Kameras, 3 Übertragungswagen, 260 Mitarbeiter und Live-Übertragungen in mehr als 100 Länder. Überraschungen schließt Klitschkos Trainer Emanuel Steward jedoch aus. Seine Prognose: "Wladimir wird in der siebenten Runde durch K.o. gewinnen."(APA/dpa)