Im Schweizerhaus zum Verkosten

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Kaum ein Bier ist so umstritten wie dieses, um keine Biermarke hat es so viele Gerichtsverfahren gegeben. Und so viele Gerüchte. Haben die Amerikaner Budweiser nicht längst aufgekauft? Nein, so wenig wie McDonalds das Schweizerhaus gekauft hat (wie angeblich verlässliche Gerüchte seit 20 Jahren ganz, ganz sicher zu wissen behaupten). Ist das tschechische Budweiser das einzig wahre Budweiser? Nein, so wenig wie das amerikanische das Original ist. Sehr wohl aber ist die amerikanische Marke älter - sie wurde 1876 vom Getränkehandelshaus Conrad (das später an Anheuser Busch verkaufte) als "Conrad's Original Budweiser Beer" eingetragen, weil sich "Budweiser" in allen Sprachen der amerikanischen Immigranten leidlich gut aussprechen ließ.

Die von tschechischen Nationalisten ausdrücklich als Konkurrenz zur bestehenden deutschsprachigen Brauerei in Budweis gegründete Budweiser Budvar Brauerei trat erst 1895 auf den Plan - es ist die jüngere Marke. Aber es ist für uns Österreicher das in jeder Hinsicht näher liegende Bier, in Österreich wie in den meisten EU-Staaten auch sehr gut geschützt gegen Verwechslungen mit dem geschmacklich schwächeren, kommerziell aber viel erfolgreicheren gleichnamigen Produkt von Anheuser Busch.

Weil's aber immer wieder Gerüchte gibt - und die eine oder andere fundierte Meldung - nach denen bei Budweiser Budvar Veränderungen anstehen, halten wir den Ist-Zustand einmal rasch für ein "Bier der Woche" fest. Dazu also ein rascher Ausflug ins Schweizerhaus, das als größter Budweiser-Ausschank der Welt gilt. Kurz zugesehen, wie die Krügelgläser gefüllt werden - erst aus Zapfhähnen, die eher einen weißen Sprühregen als einen goldgelben Strahl ins Bierglas ergießen lassen, dann aus welchen, die weniger Schaum und mehr Bier ins Glas bringen und schließlich das Finish, bei dem im letzten Zapfschritt die Schaumkrone prächtig aus dem Glas gehoben wird.

Es ist erfahrungsgemäß das am schönsten gezapfte Bier Österreichs - und gerade so mild, dass keine groben Kohlensäure-Perlen stören, aber keinerlei schaler Geschmack aufkommt. Zunächst einmal der Schaum: Er ist nicht nur schön und ziemlich kompakt, er duftet auch recht intensiv nach grasigen Hopfentönen. Man kann den Hopfen hier auch schmecken: Der Schaum selber ist leicht bitter. Dasselbe gilt auch für das dunkel-goldgelbe Bier selbst: Ein milder, aber durchgehend hopfenbetonter Trunk weist darauf hin, dass Kohlensäure und Bittere hier die richtige Balance bilden, der Hopfengeschmack unterstützt auch die Vollmundigkeit. Malzige Süße, Butter- und Brotgeschmack, sonst typische Aromakomponenten in böhmischen Lagerbieren, sind nicht wahrnehmbar - das Budweiser ist eben nicht sättigend (was mit eine Erklärung dafür sein dürfte, dass man im Schweizerhaus solchen Appeitit auf Stelzen bekommt). Ob das alles so bleiben wird?

Die Prager Regierung ist jedenfalls entschlossen, Budweiser Budvar, die letzte noch staatliche Brauerei, zu privatisieren. Wer zuschlagen wird, ist offen: Interesse dürfte nicht nur der amerikanische Markeninhaber haben. Auch für die anderen in Tschechien engagierten Braukonzerne wäre Budvar eine prächtige Ergänzung des Portfolios. (Conrad Seidl)