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In einer unsicheren Arbeitswelt geben alte Werte Sicherheit

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Zeig mir, was dir wichtig ist, und ich sag dir, wer du bist: Esther musiziert, Nikola ist leidenschaftlicher Bogenschütze, Georgine hat gerne Fotos von ihren Freunden um sich

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"Sie haben es wirklich nicht leicht, aber auch nicht wirklich schwer - vielleicht ist das ihr Problem", singt die deutsche Diskurs-Pop-Band Blumfeld in ihrem Lied "Jugend von heute". Sie bringt damit auf den Punkt, was die neue Jugend-Wertestudie des Österreichischen Instituts für Jugendforschung (ÖIJ) erhoben hat: Es gibt eine Fülle von Möglichkeiten und Perspektiven, aber auch eine Fülle von Erwartungen und Herausforderungen, und in diesem überaus ambivalenten Spannungsfeld bewegt sich die "Jugend von heute". Die Ergebnisse dieser Studie präsentiert der Standard exklusiv in einer Serie.

Mama und Papa

In einer komplexen Welt, so scheint es, steigt die Sehnsucht nach emotionaler Geborgenheit und Überschaubarkeit. In unsicheren Zeiten wie diesen räumen Jugendliche ihrer Familie großen Stellenwert in ihrem Leben ein, fast 70 Prozent der Jugendlichen erachten diesen Lebensbereich als "sehr wichtig" (siehe Wissen). Wie die 19-jährige Maturantin Georgine Urban: "Familie ist schon wichtig, auf jeden Fall. Wenn irgendwas im Leben passiert, stehen die dann immer zu dir und sind ehrlich."

Scheidungskinder wie der 22-jährige Nikola Trifunovic haben genaue Vorstellungen davon, wie ihr Familienleben aussehen soll: "Ich will selber keine Scheidungskinder haben. Zu einer richtigen Familie gehören für mich Mama und Papa, die sich den Haushalt teilen und sich gemeinsam um die Kinder kümmern."

Nostalgisch oder sinnvoll

Die Auseinandersetzung mit diesen traditionellen Werten ist für das Leben junger Menschen zentral. "Jugendliche müssen sich die Frage stellen: Sind das nostalgische Gefühle, Familie wichtig zu finden, oder ist es das wirklich eine sinnvolle Zukunftsoption für sie", erklärt Studien-Co-Autorin Ingrid Kromer.

Den Job erachten fast zwei Drittel aller Befragten als "sehr wichtig". Die "Generation Praktikum" ist auf der Suche nach einer gelungenen Work-Life-Balance. Reich will sie nicht werden, aber dafür glücklich. "Mein Job soll mich sozusagen über Wasser halten, aber natürlich soll es etwas sein, was ich nicht nur fürs Geld mache", erzählt die 16-jährige Schülerin Esther Wratschko.

Job und Freizeit

Erfolg und Selbstverwirklichung sind auch Georgine wichtig, die im Herbst als Trainee im Hotel Sacher beginnen wird. "Und dass ich mal mein eigenes Geld heimbringe und von niemandem abhängig bin." Aber auch für die Freizeit muss Zeit bleiben: Nikola ist begeisterter und erfolgreicher Bogenschütze, Esther spielt Klavier, Geige und Fagott, Georgine reist gerne.

Religion ist immerhin für gut jeden zehnten Jugendlichen "sehr wichtig". Bei Politik geht der Trend in die andere Richtung: Die ist nur für vier Prozent der Befragten "sehr wichtig". Politisches Engagement hat, so scheint es, bei all den Herausforderungen des Alltags, keinen Platz mehr. Selbstverwirklichung und gesellschaftspolitische Verantwortung unter einen Hut zu bringen - mit dieser Ambivalenz muss die "Jugend von heute" umgehen lernen. (Andrea Heigl, Romana Riegler, DER STANDARD Printausgabe, 7./8.7.2007)