Paris - Die französischen Gewerkschaften konnten am Freitag jubeln: Ein Pariser Berufungsgericht kippte den umstrittenen Neuanstellungsvertrag CNE, der im Sommer 2005 vom damaligen Premierminister Dominique de Villepin (UMP) eingeführt worden war. Ein Werkvertrag, der in den ersten beiden Jahren Kündigungen ohne Grund erlaubt, verstoße gegen das Völkerrecht, so die Begründung.

Artikel 158 der von Frankreich ratifizierten Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sieht nämlich vor, dass die Kündigung eines Arbeitsvertrags ohne gerechtfertigte Begründung nicht zulässig sei. Laut Gerichtsurteil "beraubt der CNE-Vertrag die Arbeitnehmer ihrer Rechte im Kündigungsverfahren". Kritisiert wird in de Urteilsbegründung auch der Umstand, dass die Regierung nach eigenen Angaben durch den Vertrag die Einstellung von Mitarbeitern fördern wollte, indem sie deren Entlassung erleichterte.

Regierungsverfügung

Der CNE-Vertrag war der Kernpunkt in Villepins Reform des Arbeitsmarktes und wurde im Sommer 2005 trotz der Proteste der Arbeitnehmer und der Linksopposition mittels einer Regierungsverfügung durchgesetzt, um die zu erwartende Obstruktion im Parlment zu umgehen. Vordem hatte der konservative den so genanten Erstanstellungsvertrag CPE zurückziehen müssen, der für Jugendliche unter 26 Jahren eine Abschwächung des Kündigungsschutzes vorgesehen hatte. Heftige Studentenproteste hatten de Villepin dazu gezwungen, auf en CPE zu verzichten.

Nun ist auch die Zukunft des CNE immer ungewisser, zumal sich in den letzten Monaten die Rekurse in der Arbeitsgerichten gegen unbegründete Kündigungen von Arbeitsverhältnissen vervielfachen. Laut Arbeitsrechtsexperten hält die juristische Ungewissheit rund um den Werkertrag immer mehr Kleinunternehmer davon ab, einen CNE abzuschließen. Das jüngste Gerichtsurteil wird auch auf den bevorstehenden Verhandlungen der Sozialpartner mit der Regierung des Premiers Francois Fillon (UMP) lasten, der einen neuen und vereinfachten einheitlichen Arbeitsvertrag einführen möchte. Diesen hatte Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) während des jüngsten Wahlkampfs versprochen.

Gewerkschaften äußern Genugtuung

Gewerkschaften und Linksparteien äußerten unterdessen ihre Genugtuung über das jüngste Gerichtsurteil. Nach ihrer Ansicht war ein zweijährige Dauer der Ungewissheit über ihre berufliche Zukunft zu lange für die Arbeitnehmer. Dagegen kritisierte die Präsidentin des Unternehmerverbandes MEDEF, Laurence Parisot, dass das Gericht mit dem Urteil eine "wirtschaftliche anstatt einer rechtlichen Analyse des Vertrags" gemacht habe. Diese Analyse könne sie "nicht teilen", sagte Parisot.

Offiziellen Regierungsdaten zufolge wurde bis Ende 2006 zwischen 360.000 und 400.000 Personen mit einem Neuanstellungsvertrag angestellt. Nach Angaben des Statistikamtes INSEE entsprechen allerdings nur zehn Prozent dieser Verträge Neuanstellungen. In den meisten Fällen seien bereits vordem bestehende Arbeitsverträge durch einen CNE ersetzt worden, so das INSEE. (APA)