Diskurs
[dag] Sackgasse Callcenter
Wir kennen sie alle, die freundlichen Stimmen am anderen Ende der Leitung, die immer für uns da sind und denen wir nie folgen
Wie man in ein Callcenter hineinruft - ist relativ egal. So nett die Stimmen, so bemüht die Sprecher, so klar ihre gemeinsame Botschaft: Wir sind immer für Sie da, aber Sie sind niemals dort, wo Sie hinwollten. Fallbeispiel: Die Kreditkarte von Simone F. blieb im Kartenautomaten auf dem Wiener Südbahnhof zurück. Das bemerkte die HTL-Schülerin am Sonntagabend im Zug nach Graz. Wen ruft man da an? - Die Eltern. Und wo ruft der Vater danach an? - Beim Bahnhof. Gibt es da eine eigene Nummer? - Nein, aber ein eigenes Callcenter, jenes der ÖBB. Caller eins: "Der Kartenautomat frisst keine Karten. Rufen Sie bitte beim Info-Point an." Info-Point-Band: "Montag bis Freitag." Callerin zwei: "Ich gebe Ihnen die Nummer des Fundbüros, das ist rund um die Uhr besetzt." Fundbüro-Band: "Montag bis Freitag." Callerin drei: "Die Nummer des Schalters? Haben wir leider nicht. Am besten, Sie gehen hin." (Mühsam, von Graz aus.) Chef-Caller: "Sperren Sie lieber die Karte. Die Nummer des Schalters können wir leider nicht hergeben und auch nicht nachfragen." Was tat Vater? - Er trieb einen Bekannten auf, der quer durch Wien zum Bahnhof fuhr. Die Karte war beim Schalter abgegeben worden. (Daniel Glattauer, DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2007)