Wimbledon - Fast vier Stunden benötigte Roger Federer, um den Spanier Rafael Nadal im Wimbledon-Finale niederzuringen. Danach war die Arbeit nicht erledigt. Bis der Tennis-Dominator aus der Schweiz TV, Radio und Printmedien alle Interviews gewährt hatte, dauerte es erneut ein paar Stunden. Geduldig beantwortete Federer alle Fragen. Der Interview-Marathon fiel ihm nach "einem der schönsten Siege" seiner Karriere offenbar leicht.

Sie mussten erstmals über fünf Sätze in einem Wimbledon-Finale gehen. War Rafael Nadal heute der härteste Gegner, den Sie hier in einem Endspiel je hatten?

"Ich würde Andy Roddick im Finale von 2004 auf die gleiche Stufe stellen. Damals brauchte ich zwar nur vier Sätze, aber es war sehr schwer. Ich lag gegen ihn hinten, es gab eine Regenpause. Heute war es einfach eng, doch ich bin nie im Rückstand gewesen. Aber klar ist, dass ich glücklich bin, Nadal geschlagen zu haben, weil er schon sehr viele Fortschritte gemacht hat. Ich kann sagen: Das war einer meiner schönsten Siege."

Sie haben davon gesprochen, wie eng das Spiel war. Sie waren im fünften Satz zweimal bei eigenem Aufschlag 15:40 im Rückstand gelegen. Haben Sie da Angst gehabt, Sie könnten verlieren?

"Ein bisschen, ja. Ich dachte: 'Oh Gott, es entgleitet mir.' Ich war in diesem Moment auch nervös. Einmal ging es gut, dann war die Situation wieder gleich. Aber in diesen Momenten half mir das gute Service. Dann war ich sehr glücklich und ich dachte mir: 'Jetzt hat er wahrscheinlich seine Chance verpasst.'"

Kurz nach dem Spiel haben Sie davon gesprochen, Glück gehabt zu haben. War es wirklich nur Glück?

"Man braucht immer auch Glück. Wenn der Ball zum Beispiel knapp drin statt out ist. Aber ich weiß, dass man das Glück auch zwingen kann. Und das habe ich heute getan. Ich habe super gekämpft. Denn über fünf Sätze entscheidet nicht das Glück über Sieg oder Niederlage."

Jetzt sind Sie auf einer Stufe mit Björn Borg. Über diesen Rekord hat man viel geschrieben und gesprochen. Wie viel bedeutet Ihnen die Egalisierung seines Rekordes?

"Wenn man nach Wimbledon kommt und auf der Ehrentafel den Namen 'Borg' fünfmal untereinander stehen sieht, dann weiß man: Das ist ein ganz Großer. Dass ich jetzt auch auf dieser Stufe bin, macht mich glücklich. Ich weiß, dass ich etwas Spezielles erreicht habe."

Und nach dem Spiel haben Sie und Borg sich vor dieser Tafel die Hand gegeben. Was bedeutet Ihnen dieser Moment?

"Ihn nach der Partie gesehen zu haben, bedeutet mir enorm viel. Es war großartig, zu sehen, dass er dort auf mich wartet."

Nach dem elften Grand-Slam-Titel steht jetzt eigentlich nur noch Pete Sampras vor Ihnen. Er hat nur noch drei Major-Titel mehr als Sie. Ist dieser Rekord Ihr nächstes großes Ziel?

"Ich denke an seinen Rekord. Aber es ist nicht so, dass ich mir sage: 'Ich muss seinen Rekord schlagen, sonst ist es nicht gut.' Pete Sampras ist wahrscheinlich der größte Spieler, den wir je hatten. Ich brauchte fünf Wimbledon-, drei Australian-Open- und drei US-Open-Titel nur um ihm nahe zu kommen. Das zeigt, dass es nicht einfach werden wird, ihn einzuholen. Aber ich fühle mich mental und physisch sehr fit und denke, dass ich noch ein paar Jahre so weitermachen kann. Eines Tages auf der gleichen Stufe wie Pete Sampras zu stehen, meinem großen Vorbild, wäre toll. Aber ich bin noch nicht so weit." (APA)