Bagdad - Die Türkei hat der irakischen Regierung zufolge 140.000 Soldaten an der Grenze zu den irakischen Kurdengebieten zusammengezogen. "An der nördlichen Staatsgrenze des Irak findet eine Mobilisierung im großen Umfang statt", sagte Außenminister Hoshyar Zebari am Montag in Bagdad. Er berief sich dabei auf Angaben der Sicherheitskräfte und des Geheimdienstes. Zebari, der selbst Kurde ist, warnte vor einer Verletzung der irakischen Souveränität und verwies auf das irakisch-türkisch-amerikanische Sicherheitskomitee. Dies sei das zuständige Gremium, um alle Problem zwischen den beiden Staaten durch Verhandlungen zu lösen, sagte er.

Die Türkei hat sich nicht zu der Zahl der Soldaten geäußert, die sie an der Grenze stationiert hat. Bislang wurde deren Zahl auf mehrere Zehntausend geschätzt. Die türkische Armee drängt die Regierung in Ankara seit längerem, einen Vorstoß gegen radikale Kurden im Nordirak zuzulassen. Die etwa 4000 Kämpfer dort nutzen das Grenzgebiet als Rückzugsraum, von dem aus sie Angriffe in der Türkei organisieren. Die türkische Regierung wirft der radikalen Separatistengruppe PKK vor, für den Tod von mehr als 30.000 Menschen verantwortlich zu sein.

Die US-Regierung hat den Nato-Partner aufgefordert, nicht in den Nordirak einzumarschieren. Auch die irakische Führung warnte vor einer Invasion. Der Präsident der autonomen Kurden-Region im Irak, Massud Barsani, hat Widerstand gegen jeden Einmarsch angekündigt.

Zebari warnt vor überstürztem Abzug der Besatzungstruppen

Für den Fall eines schnellen Abzugs der Besatzungstruppen aus seinem Land hat Zebari vor einem Bürgerkrieg gewarnt. Bis die irakischen Streitkräfte voll einsatzbereit seien, hätten die Vereinigten Staaten die Verpflichtung, die Regierung in Bagdad zu unterstützen, sagte der Minister am Montag vor Journalisten. Sollten die USA ihre Truppen zu schnell abziehen, drohten ein Bürgerkrieg und der Zusammenbruch des Staates. Der Irak verstehe, dass der Druck in den Vereinigten Staaten immer weiter wachse, so Zebari.

Der Minister bezog sich auf einen im September erwarteten Bericht des amerikanischen Botschafters Ryan Crocker und des obersten US-Befehlshabers im Irak, General David Petraeus. Sie wollen darin die Fortschritte des Landes auf dem Weg zu einer "nationalen Versöhnung" bewerten. Führende Republikaner in Washington haben bereits erklärt, sie wollten eine Veränderung der Irak-Politik fordern, sollten sich keine Fortschritte abzeichnen.

Nach einem Bericht der "New York Times" diskutiert die Regierung von US-Präsident George W. Bush angesichts der zunehmenden Kritik aus den eigenen Reihen verstärkt über einen Teilabzug aus dem Irak. (APA/AP/Reuters)