London - Interpol hat scharfe Kritik an der britischen Anti-Terror-Bekämpfung geübt. Die britischen Methoden stammten "aus dem falschen Jahrhundert", sagte der Chef der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation, Ronald Noble, am Montag in London. Bei den Ende Juni vereitelten Autobombenanschlägen in London und dem Angriff auf das Flughafenterminal in Glasgow hätten die britischen Behörden keinerlei internationale Zusammenarbeit gesucht.

"Wir haben zu den Anschlägen nicht einen Namen, nicht einen Fingerabdruck, nicht eine Telefonnummer, nicht eine Adresse, nichts von den britischen Behörden erhalten", sagte Noble. "Meiner Ansicht nach ist der britische Anti-Terror-Kampf im falschen Jahrhundert konzipiert worden." Die britischen Behörden seien sich nicht darüber im Klaren, was heutzutage global gemacht werden könne. "Und sie sollten mehr machen. Wir haben keinen Beamten der Anti-Terror-Abteilung der Londoner Polizei bei Interpol akkreditiert - nicht einen", kritisiert Noble und fragte nach einer Begründung dafür.

Ermittler auf drei Kontinenten arbeiten an der Aufklärung der vereitelten Anschläge auf Londoner Nachtclubs und dem Anschlag in Glasgow. Der britische Premierminister Gordon Brown erhielt von Sicherheitsminister Alan West einen vorläufigen Bericht über die Einstellung ausländischer Ärzte. Bei allen Verdächtigen handelt es sich um Angestellte des Nationalen Gesundheitsdienstes NHS. Zunächst wurden keine Einzelheiten aus Wests Bericht veröffentlicht.

In Australien wurde unterdessen die Verlängerung der Untersuchungshaft für einen indischen Arzt beantragt, der in Brisbane im Zusammenhang mit den britischen Anschlägen verhaftet wurde. Indische Ermittler haben die Computer-Festplatte des Mannes beschlagnahmt, der verdächtigt wird, mit einem Geländewagen in das Glasgower Terminal gefahren zu sein, teilten Behördensprecher mit. Insgesamt sind acht Personen als Verdächtige in Haft - sieben davon in Großbritannien. Die meisten stammen aus dem Nahen Osten und Indien. Gegen einen, den irakischen Arzt Bilal Abdullah, sind offiziell Vorwürfe erhoben worden.

Brown hat angekündigt, die Ermittlungsbehörden würden ihre Liste mit mutmaßlichen Terroristen erweitern. Noble wies darauf hin, dass Großbritannien - wie die meisten anderen Staaten auch - eine Interpol-Datenbank mit sieben Millionen gestohlen oder vermisst gemeldeten Ausweisen kaum nutzte. "Ich denke, es ist aussagekräftig, dass nur 17 der 186 Mitgliedstaaten systematisch die Pässe von Reisenden mit einer globalen Datenbank abgleichen, die sieben Millionen gestohlene Pässe enthält", sagte er. Führend dabei sei die Schweiz, die jeden Monat 300.000 anfragen stelle und dabei durchschnittlich 100 Treffer erziele. Großbritannien stelle monatlich 30, die USA 80 Anfragen.

Das britische Innenministerium teilte mit, die Interpol-Datenbanken würden regelmäßig von der Behörde gegen organisiertes Verbrechen (SOCA) genutzt. (AP)