Türkei
AKP laut Umfrage vor Erdrutschsieg
41 Prozent der Befragten für konservativ-islamische Regierungspartei, nur 16,5 Prozent für sozialdemokratische CHP - Wahl am 22. Juli
Ankara - Die türkische Regierungspartei AKP kann
laut einer Umfrage mit einem erdrutschartigen Sieg bei den
Parlamentswahlen in knapp zwei Wochen rechnen. Nach der am Montag
veröffentlichten Erhebung der Finanzberater von Raymond James
Securities dürfte die religiös-konservative Partei von
Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan auf 41 Prozent kommen. Bei einer
solchen Mehrheit könnte die AKP auf Koalitionspartner verzichten. Auf
die größte Oppositionspartei, die links der Mitte angesiedelte
Republikanische Volkspartei (CHP), entfallen der Umfrage zufolge 16,5
Prozent, auf die ultra-nationalistische MHP 12,7 Prozent. Andere
Parteien würden an der Zehn-Prozent-Hürde scheitern, die für einen
Einzug in das Parlament überschritten werden muss.
Die AKP würde demnach auf eine komfortable Mehrheit von 298
Parlamentssitzen kommen. Diese würde aber nicht ausreichen, um die
Verfassung im Alleingang zu ändern. Eine politische Krise drohe somit
also nicht unmittelbar. Ein solcher Ausgang der Wahl wäre nach
Auffassung von Raymond James Securities denn auch im Sinne des
Marktes. Die meisten Anleger spekulieren offenbar bereits auf dieses
Szenario. Die türkischen Finanzmärkte verzeichneten in der
vergangenen Woche kräftige Gewinne.
Die moderat-islamische AKP gilt als Unternehmer-freundlich. Sie
ist seit 2001 an der Regierung und profitiert von einem starken
Wirtschaftswachstum sowie von dem Beginn der EU-Beitrittsgespräche,
um deren Aufnahme sich die Türkei 40 Jahre lang bemüht hat. Freilich,
in Kernfragen wie Zypern (ausstehende Öffnung der Häfen für die
Republik Zypern, die ungeachtet der weiter bestehenden Trennung von
Nordzypern in die EU aufgenommen wurde) und Rechten für Minderheiten
(christliche und andere Religionsgemeinschaften, Kurden-Frage)
vertritt auch die Erdogan-Regierung unnachgiebige Positionen.
Die säkulare Elite des Landes hat die Partei aber im Verdacht,
heimlich an einer Islamisierung der Türkei zu arbeiten. Die AKP hat
den Vorwurf zurückgewiesen. Sowohl Erdogan als auch die Nummer zwei
der AKP, Außenminister Abdullah Gül, haben persönlich eine
islamistische Vergangenheit. Rund um den Versuch, durch eine
parlamentarische Abstimmung Gül in das Präsidentenamt zu hieven,
fanden in Großstädten des Landes riesige Protestdemonstrationen der
säkularen Kräfte statt. Im Streit um den Nachfolger von Präsident
Ahmet Necdet Sezer flammte der Konflikt Ende April so heftig auf,
dass Erdogan vorgezogene Wahlen für den 22. Juli ansetzte. (APA/Reuters)