Christine Marek, Staatsekräterin im Wirtschaftsministerium und Conrad Seidl.

Eine Umfrage des market-Instituts für den Verband der Brauereien belegt: Bier ist immer noch ein weitgehend als "männlich" empfundenes Getränk. Das ist mir aufgefallen, als ich mich am Montag dieser Woche für einen Vortrag für die ÖVP-Perspektivendiskussion über männliche und weibliche Geschmackserlebnisse vorbereitet habe. Dazu zwei Thesen.

Erstens: Unsere gängigen Märzenbiere schmecken denen, die auf den Geschmack eingetrunken sind gut - aber denen, die mit diesem Biergeschmack nicht vertraut sind, schmecken sie eben nicht. Bier-Geschmack ist nämlich ein so genannter "erworbener Geschmack" - richtig gut schmeck erst das zweite, dritte oder vierte Bier. Und da haben Männer wahrscheinlich einen anderen Zugang, weil sie Biergenuss in der Gruppe lernen. Ich habe mein erstes Bier vor mehr als 30 Jahren in einer Mathematikstunde getrunken, die ich mit anderen Schulschwänzern in einem Bierlokal statt in der Schule verbracht habe. Ich habe den ersten Schluck gemacht und mich zumindest über den Geschmack gewundert - habe aber auf die Frage, ob es mir nicht schmecke, bestätigt, dass es mir selbstverständlich schmeckt. Ich wollte halt nicht zugeben, dass ich Biertrinken nicht gewohnt war; und ab dem zweiten Bier hat es mir dann ja auch wirklich geschmeckt.

Nun dürfte ein vergleichbarer Gruppendruck, der im Kreise junger biertrinkender Männer herrscht, bei Frauen nicht gegeben sein. Junge Frauen probieren vielleicht einmal ein Bier - aber wenn es ihnen nicht auf Anhieb schmeckt, kommen sie gar nicht an den Punkt, wo sie den Biergeschmack "erwerben" und die unterschiedlichen Geschmackseindrücke süß (im Wesentlichen sind das die vom Malz stammenden Geschmackseindrücke im vorderen Zungenbereich) sowie bitter (die Hopfenkomponenten, die man im hinteren Zungenbereich und am Obergaumen wahrnimmt) als harmonisch erleben.

Zweitens: Wenn schon unser Helles (oder Märzen oder Export) ein schwer zu "erwerbender" Geschmack ist, trifft das auf andere Bierstile natürlich ähnlich zu. Das kennen viele Biertrinker, die auf "ihr" Bier eingetrunken sind, aber ein Ale, ein Stout, ein Geuze oder gar ein Sorghum-Bier nicht als "richtiges" Bier akzeptieren können. Diese Biere haben ja ein anderes Geschmacksprofil. Auch sie muss man erst zu trinken "lernen".

Nun gilt aber auch für Bier, dass Geschmäcker und Watschen unterschiedlich sind: Der eine (bzw. die eine) tut sich leichter den Geschmack von Märzen zu "erwerben", jemand anderer findet vielleicht eher zu Weizenbieren (bei denen die Bittere weniger ausgeprägt ist und daher die widersprüchlichen Eindrücke von "zu süß" und "zu bitter" beim ersten Kosten kaum auftreten). Und wer Kaffee mag, ist womöglich von einem Stout eher angetan als von einem Export.

Es käme allerdings darauf an, dass diese Biere auch wirklich breit angeboten werden. Sonst entgeht einem Teil, statistisch gesehen einem überwiegend weiblichen Teil der Bevölkerung das Vergnügen, Biergenuss zu erleben. (Conrad Seidl)