Der langsame Zerfall eines Utopias der ehemaligen Sowjetunion: Jane und Louise Wilson speichern filmisch die Erinnerungen an Orte der Geschichte, wie etwa "Star City" (2000).

Foto: L'Espace Louis Vuitton
Die britischen Künstlerinnen Louise und Jane Wilson filmten im Jahr 2000 das "Sternenstädtchen" Swjosdny Gorodok, nordöstlich von Moskau, das Ausbildungszentrum der russischen Kosmonauten.

DER STANDARD: War "Star City" noch in Funktion als sie dort filmten?

Louise Wilson: Sagen wir so, es war nicht wirklich funktionslos. Star City war eine versteckte, eine isolierte Stadt außerhalb Moskaus, die man nur betrat, wenn man entweder dort arbeitete oder als Kosmonaut trainiert wurde. Nach 2000 hat sich dort einiges verändert: Der Zusammenbruch der Sowjetunion hat die ursprüngliche zukunftsgläubige Philosophie hinter dem Raumfahrtprogramm verändert. Diesen Bruch einzufangen, war für uns faszinierend.

DER STANDARD: Versteckte Plätze, Eliten, geschichtsträchtige Orte sind die Eckpunkte ihrer Arbeiten?

Louise Wilson: Uns interessiert insbesondere das, was zeitlich nach dem Kalten Krieg liegt, denn der Fall des Eisernen Vorhangs ist die geschichtlich größte Umwälzung im Leben von uns allen. Uns fasziniert die Frage, wie schnell etwas veraltet ist, wie schnell eine Ideologie obsolet wird.

DER STANDARD: Welche Stimmung fanden sie 2000 dort vor?

Louise Wilson: Im Vergleich zur Hightech-"Space-City" in Houston geht es in Star City viel mehr um Natur. Sie ist Teil des Grüngürtels der Stadt, die Leute haben Pflanzen in den Umkleiden. Die Russen nennen ihre Raketen "Unity" oder "Blizzard". Die Mentalität hinter dem Raumfahrtprogramm ist dort eine ganz andere. (kafe/Der Standard/rondo/13/07/2007)