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John McCain hat Tritt verloren, seine Konkurrenten wollen ihn dennoch nicht abschreiben.

Foto: Reuters
Mit langer Vorrede hielt sich Rick Davis nicht auf. „Senden Sie diese E-Mail an fünf Ihrer Freunde“, schrieb er. Dann folgte, in blauen Lettern hervorgehoben und dick unterstrichen, der Kern der Botschaft: Man möge bitte spenden, online.

Davis ist der Feuerwehrmann, der John McCains Versuch, im zweiten Anlauf doch noch Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, vor dem Ruin retten soll. Vor dem vorzeitigen Aus wegen leerer Kassen. Es war Davis, der 2000 die Idee hatte, seinen Mandanten in den „Straight Talk Express“ zu setzen. Mit dem Kampagnenbus bis in den hintersten Winkel Amerikas tourend, redete McCain in kleinen Runden Klartext, wo andere in neonbeleuchteten Sälen Phrasen droschen. Den Rebellen, den Außenseiter, der die Etablierten das Fürchten lehrt, den will sein Wahlkampfchef wieder auferstehen lassen. Die Rundmail war Davis’ erste Amtshandlung auf dem alten, neuen Posten.

Zwei Strategen verloren

Zu Wochenbeginn hatte McCain (70) die beiden Strategen verloren, die seine Kampagne für 2008 bis dato geleitet hatten. Erst kündigte Terry Nelson, sein Manager, dann John Weaver, sein Ideengeber. Und die Karikaturisten, die zeichnen McCain am Bettelstab. Statt Bus zu fahren, muss er sich mit einem Moped begnügen, dem „Straight Talk Express“ in Billigvariante. Der Mann, der als Favorit in den Wahlkampf gestartet war, er scheint am Ende. In den sechs Monaten, die das Werben um die Wählergunst nun schon dauert, waren nacheinander drei innerparteiliche Rivalen an McCain vorbeigezogen: die Republikaner Rudy Giuliani, Mitt Romney und zuletzt sogar der Schauspieler Fred Thompson, obwohl der seine Kandidatur noch nicht einmal offiziell erklärte. Im vergangenen Halbjahr konnte der Methusalem des Bewerberfeldes gerade 24 Millionen Dollar bei Sponsoren eintreiben (22 davon hat er ausgegeben). Barack Obama, der neue Star der Demokraten, sammelte allein im letzten Quartal über 30 Millionen.

Freilich, es ist nicht das erste Mal, dass ein Kandidat in Finanznöte gerät. John Kerry musste sein Haus verpfänden, um 2003 die Wahlkasse flüssig zu halten. Ein Konkurrent wie Giuliani hält es für möglich, dass sich McCain aufrappelt: „Ich bin der Letzte, der ihn abschreibt.“ Sympathisanten erinnern an die Härte des Veteranen, an überlebte Flugzeugunfälle und die lange Kriegsgefangenschaft in Hanoi, als es der Admiralssohn ablehnte, sich als Prominentenspross austauschen zu lassen.

Aber, es wird schwer. Inhaltlich glaubt McCain noch immer an einen Sieg im unpopulären Irakkrieg. In Sachen Immigration will er 12 Mio. illegale Einwanderer legalisieren, was die republikanische Basis nicht goutiert. Jetzt soll sich, so will es Rick Davis, der klamme Kandidat ganz auf Iowa, New Hampshire und South Carolina konzentrieren. Dort finden im Januar die ersten Vorwahlen statt, ein entscheidender Stimmungstest. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Printausgabe 13.7.2007)