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Die Freude auf den langersehnten Urlaub währt oft kurz, denn viele Reisen in den Süden enden schon nach wenigen Tagen zumindest vorläufig auf einer Toilette. Auch wenn wertvolle Urlaubstage verloren gehen, nur wenige Menschen erkranken so schwer, dass ärztliche Hilfe erforderlich ist.

Risikogebiete

Hinsichtlich der "Durchfalls-Quote" unterscheiden sich die Urlaubsziele deutlich voneinander. Reisende in Südeuropa, Mittel- und Südamerika, Afrika und Südostasien haben das höchste Risiko an einem Reisedurchfall zu erkranken.

Wer ist der Schuldige?

Das Spektrum der möglichen Erreger ist groß. Die meisten Darminfektionen (50 Prozent) werden jedoch von Enterotoxin bildenden Escherichia-coli-Bakterien (ETEC) verursacht. Auch beim Campylobacter (v.a. jejuni), bei den Shigellen und den enteritischen Salmonellen ist bewiesen, dass Enterotoxine die Auslöser der Infektion darstellen. Viren und Parasiten (Protozoen), wie Amöben oder Lamblien (Giardia lamblia), sind seltener für "Reisedurchfälle" verantwortlich.

Durchfall ja oder nein?

Entscheidend ist Konsistenz, Farbe und die Häufigkeit, mit der der Betroffene das stille Örtchen aufsucht. Denn der "Durchfall" ist nicht immer tatsächlich ein Durchfall. Erst wenn der Erkrankte drei oder mehrmals täglich ungeformte breiige, flüssige oder wässrige Stühle hat, spricht der Mediziner von einer Diarrhoe.

Erste Anzeichen und Beschwerden

Klassisch beginnt die Reisediarrhoe mit unangenehmen Bauchkrämpfen und wässrigen Darmentleerungen. Übelkeit, Erbrechen und selten auch Fieber können das Krankheitsbild begleiten. Die gute Nachricht: die Durchfälle sind selbstlimitierend, das heißt sie klingen nach einigen Tagen spontan ohne Einfluss einer Therapie ab. Sobald sich das Allgemeinbefinden normalisiert, sind auch Stuhlunregelmässigkeiten über einen längeren Zeitraum hinaus nicht beunruhigend.

Wann der Arztbesuch ratsam ist

Hält das Fieber an und sind die krampfartigen Stuhlgänge über mehrere Tage flüssig ohne Anzeichen einer Besserungstendenz, so ist der Gang zum Arzt am Urlaubsort unausweichlich. Blut im Stuhl, Fieber und ein zunehmend beeinträchtigtes Allgemeinbefinden sind die wesentlichen Alarmzeichen. Der Erkrankte fühlt sich schwach und ist nicht mehr in der Lage ausreichend Flüssigkeit zu trinken um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Bei Kindern empfiehlt es sich, den Arzt früher aufzusuchen, da hier die Exsikkose (Austrocknung) rasch zum lebensbedrohlichen Zustand wird.

Was der Arzt tut

Der Stuhl wird bakteriologisch auf Salmonellen, Shigellen, Campylobacter und Parasiten untersucht. Bei Fieber muss eine Malaria ausgeschlossen werden. Durchfall mit blutigen Auflagerungen kann Hinweis für eine Amöben- oder Shigellen-Ruhr sein. Hier gibt die Inkubationszeit diagnostische Hinweise. Liegt die Tropenreise länger zurück und der Patient kommt mit blutigem Durchfall so spricht dies eher für eine Amöben-Ruhr. Die Shigellen-Ruhr dagegen tritt wesentlich rascher auf.

Seltenere Erkrankungen

Unter den Protozoen (Einzeller) finden sich vorwiegend die Giardia-Infektionen, allerdings spielen sie als Auslöser einer Reisediarrhoe eine untergeordnete Rolle. Ebenso ist die Gefahr an Cholera zu erkranken ist für Reisende relativ gering.

Selbstmedikation

Bei der harmlosen Variante steht an erster Stelle immer die Diät und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Im besten Fall trinkt der Erkrankte Orangensaft oder schwarzen Tee mit Zucker oder Honig und etwas Salz angereichert um die verlorengegangenen Elektrolyte zu ersetzen.

Infusionen vor Ort

Nur in seltenen Fällen, wenn eine Flüssigkeitszufuhr über das Trinken nicht mehr ausreicht, sind Infusionen notwendig. Bei Kindern unter zwei Jahren sollte man Fertigpräparate (Normolyt und andere) verwenden, da dadurch die Elektrolytzufuhr exakter dosiert wird.

Perestaltikhemmer

Zu den am häufigsten in Reiseapotheken befindlichen Medikamenten zählen die Motilitäts- oder Peristaltikhemmer Loperamid (Imodium). Diese werden oft leichtfertig und zu lange eingenommen. Empfohlen wird eine Anwendungsdauer von maximal 48 Stunden, allerdings nur wenn kein Fieber besteht. Im aktuellen Konsumententest wurde diese Behandlung als beste Behandlungsmethode gesehen.

Streitfrage Antibiotika-Behandlung

Eine Antibiotika-Therapie ist bei dieser Form der Darminfektion umstritten. Jede antibiotische Therapie birgt für den Anwender das Risiko einer Arzneimittelunverträglichkeit und nicht selten wird die Erkrankung bei Wahl des falschen Therapeutikums verschleppt.

Resistenzbildung

Die unfachgerechte Anwendung kann zusätzlich zur Resistenzbildung führen. Generell sollte der Einsatz antibiotisch wirksamer Medikamente sparsam erfolgen und für den Reisenden eigentlich die ultima ratio darstellen, wenn es um die Selbstbehandlung geht.

Vorsicht bei beliebten Kohletabletten

Die "stopfenden" Kohletabletten sind mit Vorsicht zu genießen, denn dann verbleiben die unliebsamen Erreger im Organismus und ihre Ausbreitung wird eher begünstigt.
Der Durchfall dagegen befreit den Erkrankten im wahrsten Sinn des Wortes von den krankmachenden Keimen.

Gyrasehemmer – ebenfalls Antibiotika

Die besten Ergebnisse in Hinblick auf eine Verkürzung der Erkrankungsdauer stellen die Gyrasehemmer, Azithromycin und Aztreonam dar. Das sind Antibiotika deren Wirkung sich erst nach rund 72 Stunden einstellt. Diese sind aber in der Gesamtwirkung den peristaltikhemmenden Medikamenten deutlich unterlegen.(derStandard.at, phr)