Lüneburg - Gilt Lesen unter Jugendlichen als "Frauendomäne"? Das fürchtet jedenfalls die deutsche Leseforscherin Christine Garbe und hofft auf positive männliche Vorbilder. Um zu verhindern, dass Burschen zu
Büchermuffeln werden, seien "Bezugspersonen wie der Vater gefragt",
sagte die Professorin für Deutsche Sprache und Literatur an der
Universität Lüneburg.
Hintergrund: Nach den Ergebnissen der
Pisa-Studie liegen Burschen in ihrem Lesevermögen durchschnittlich
ein Schuljahr hinter den Mädchen. "Der Zugang zum Lesen und Schreiben
wird bis zum zehnten Lebensjahr und darüber hinaus fast nur durch
Frauen vermittelt", erklärte Garbe. Deshalb lehnten viele Burschen
das Lesen als "Frauendomäne" ab, sobald sie beginnen, sich an der
Männerwelt zu orientieren.
Unterschiedliche Interessenlagen
Väter sollten durch Vorlesen bei ihren Söhnen Begeisterung für
Bücher wecken. Bei gleichem Interesse seien Burschen im Lesen nämlich
genauso stark wie Mädchen. "Viele
Deutschlehrerinnen haben kein Problembewusstsein, dass sie sich bei
der Auswahl der Lektüre von eigenen Präferenzen leiten lassen", sagte
die Wissenschafterin. So überwiege Lesestoff rund um Gefühlsleben,
Freundschaft und Alltag. Burschen interessierten sich dagegen für
Abenteuer, Zukunfts- und Fantasiewelten, aber auch für Sachbücher.
Ein weiterer Faktor, der Burschen vom Lesen ablenkt, sei die große
Medienkonkurrenz. Sie ersetzten Bücher vor allem durch Videospiele.
"Wenn Jungen schon im Vorschulalter Bildschirmmedien nutzen, machen
sie die Erfahrung des Lesens nicht mehr", sagte Garbe. Sie verpassten
auch die Phase der kindlichen Lustlektüre zwischen acht und zwölf
Jahren. "Fällt das weg, haben Jungen in der Pubertät oder Adoleszenz
oft Mühe, längere Texte zu lesen." Dann verginge ihnen auch die
Freude am Lesen. Mädchen
hingegen nutzten Fernsehen, Internet oder Videospiele ergänzend zum
Lesen. (APA/dpa)