Erstmals seit 27 Wochen wieder eine Printjournalistin in der Pressestunde: Doris Bures (li.) wurde von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid (Mi.) und Hans Bürger (ORF) befragt.

Foto: ORF/Badzic
SPÖ und ÖVP liegen weiter im Clinch um das Kindergeld. Frauenministerin Doris Bures hat "kein Verständnis" für die Rückforderung des Kindergeldes von jenen, welche die Zuverdienstgrenze überschritten haben. Familienministerin Andrea Kdolsky will kontrollieren, aber nicht ruinieren.

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Wien - Dem Kinderbetreuungsgeld geht es wie den Kindern im Zuge einer unschönen Scheidung oder aber auch in jenen Fassadenfamilien, in denen um die Gunst der Kinder gestritten wird: Es ist ein Gezerre in alle Richtungen. So verhalten sich SPÖ und ÖVP im Dauerstreit um das Kinderbetreuungsgeld. Sie tun sich mit der Verwaltung des schwarz-blau/orangen Erbes schwer.

Beim Auftritt von Frauenministerin Doris Bures (SP) in der ORF-Pressestunde am Sonntag wurden die ideologischen Grenzmarkierungen zwischen Rot und Schwarz wieder einmal deutlich aufgezeigt. Bures kritisierte mit Nachdruck die von Familienministerin Andrea Kdolsky (VP) stichprobenartige Kontrolle der Einhaltung der Zuverdienstgrenze (14.600 Euro pro Jahr), die die Bedingung für den rechtmäßigen Bezug des Kinderbetreuungsgeldes (436 Euro im Monat) war, von den blauen/orangen Sozialministern aber nie überprüft wurde. Bei Überschreiten um mehr als 15 Prozent ist das Kindergeld zurückzuzahlen.

"Absolut kein Verständnis"

Nicht, wenn es nach Bures geht, wie sie im Gespräch mit STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid und Hans Bürger (ORF) erklärte. Die Frauenministerin sagte dazu, sie habe "absolut kein Verständnis dafür, dass so ein politischer Murks auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird". Aus ihrer Sicht geht es jetzt darum, durch die anstehende Reform des Kinderbetreuungsgeldes "für die Zukunft auszuschließen, dass Familien in eine ungerechte Situation schlittern", wie sie derzeit mit den drohenden Rückzahlungen gegeben sei. Es dürfe keine Lösungen geben, "die zu sozialen Härtefällen führen", betonte Bures.

Täuschungsmanöver

Sie habe schon früh vor der problematischen Zuverdienstregelung gewarnt. Aber die alte Regierung habe hinsichtlich der Kontrolle der Zuverdienstgrenze eine "Täuschung der Familien" zu verantworten. Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt soll nun "eine rechtliche Prüfung vornehmen", hat Bures angeordnet (siehe auch Verfassungsjurist Mayer: Regelung verfassungswidrig). Sie kritisierte erneut Exsozialminister Herbert Haupts (FP) Vorgangsweise, die für die jetzigen Malversationen verantwortlich sei. Es sei "unverständlich, dass man Frauen erst ausrichtet, ihr müsst nichts zahlen und dann fünf Jahre später Geld zurückwill."

Zuverdienstgrenze abschaffen

Die SP-Politikerin, wesentlich mitverantwortlich für die Flexibilisierung des Kindergeldes, das in Zukunft auch über kürzere Zeit, dafür mit einem höheren Betrag bezogen werden kann, möchte die Zuverdienstgrenze - wie die Sozialpartner, Grüne, FPÖ und BZÖ - überhaupt abschaffen und durch eine einkommensunabhängige Regelung ersetzen, bei der bezugsberechtigte Eltern nur ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, um Anspruch auf Kindergeld zu haben.

Bures warf Kdolsky außerdem mangelnde Sensibilität vor: "Ich habe auch kein Verständnis dafür, wenn Aussagen gemacht werden wie: ,Es wird schon kein Kind verhungern'". Kdolsky hatte zuletzt gemeint, Härtefälle vermeiden zu wollen: "Es wird diese Dramaturgie von verhungernden Kindern und am Existenzminimum befindlichen Familien nicht geben."

Milde statt Hunger

"Österreich" zitierte die VP-Ministerin am Sonntag damit, dass sie keine generelle Amnestie wolle, wie sie nach Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig am Sonntag auch Caritas-Präsident Franz Küberl im ORF-Parlamentsmagazin "Hohes Haus" forderte. Kdolsky: "Es geht auch darum, österreichisches Recht umzusetzen". Aber sie will mildtätig sein: "Wir werden natürlich niemanden ruinieren." Sinn oder Unsinn der Zuverdienstgrenzen will Kdolsky bei der nächsten Evaluierung des Kindergeldes 2009 überprüfen.

Persönlich meldete sich Kdolsky am Sonntag nicht mehr zu Wort. Die ÖVP schickte aber Frauenchefin Maria Rauch-Kallat und Familiensprecherin Ridi Steibl aus, um der Familienministerin die Mauer zu machen. "Die Überprüfung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld entspricht der Vollziehung der geltenden Rechtslage", sagte Rauch-Kallat. "Die ehrlichen Mütter dürfen nicht für dumm verkauft werden", sekundierte Steibl. Abseits der Kindergeld-Einigkeit setzte es von Oppositionsseite für den sonntäglichen Pressestundengast wie üblich die ritualhafte Kritik am TV-Auftritt. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 16.7.2007)