"Wenn Kindern Chancen verbaut werden, muss ich einschreiten", Wissenschaftsminister Johannes Hahn positioniert sich als Retter der VorschülerInnen mit Sprachdefiziten. Stigmatisierung liege ihm fern, es gehe ihm nur darum, Kindern die Möglichkeit zu bieten, "altersadäquat ihre sprachliche Qualifikation zu verbessern". Deswegen auch der Vorschlag mit der Streichung des Kindergeldes, denn schließlich könne diese Maßnahme nur Erfolg zeigen, wenn man hart durchgreife.

Zuständig ist er dafür allerdings nicht. Als Wissenschaftsminister müsste er sich höchstens für die – bisher noch nicht universitären – Bildungsstandards der KindergartenpädagogInnen kümmern, nicht aber um Belange des Kindergartens (die sind eigentlich Länderkompetenz, zuständige Ministerin wäre Claudia Schmid) oder gar um das Kindergeld (dessen Streichung er als Sanktion gegen die eigensinnigen Familien ideal fände).

Die ÖVP versucht sich immer wieder, bei jeder Gelegenheit in "typisch roten Sozialthemen" zu profilieren und die SPÖ-Mannschaft mit populistischen Lösungsansätzen so richtig schön an die Wand zu argumentieren. Sozial ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen: Kindergeld gibt es nur für die "ehrlichen" und diejenigen (Frauen), die ihre Aufsichtspflichten nicht wegen eines familienschädigenden Brotberufes vernachlässigen.

Kindern mit Sprachdefiziten wird zwar die Möglichkeit, "altersadäquat ihre sprachliche Qualifikation zu verbessern" angeboten, weil man doch gleiche "Chancen" schaffen möchte. Es wird allerdings gleich dazugesagt, dass – wenn die Familien dieses großzügige Angebot nicht nutzen sollten - man sie "am Krawattl" zu packen gedenke. Sanktionen gegen die "Integrationsunwilligen" und die "unehrlichen" KindergeldbezieherInnen? Mit dem Finger auf die "Problemfälle" zu zeigen, ist in der ÖVP angesagt. Der Masse des Wahlvolkes nach dem Mund geredet. Nicht als Retter der VorschülerInnen zieht Hahn hier ins Koalitionsfeld, sondern höchstens als Retter der ideologisierten Stammtischpolitik.

Die SPÖ hat da anscheinend nichts dagegen zu setzen. Sie stimmt – im Falle des Kindergartenjahres – einer Regelung zu, die zum Scheitern verurteilt ist. Wer, egal aus welchen Bildungsschichten, bis jetzt seine Kinder nicht in den Kindergarten geben kann oder will, wird das auch in Zukunft nicht tun, solange es kein allgemeines Vorschuljahr gibt, das die SPÖ nicht durchsetzen konnte oder wollte.

Eine Gelegenheit, diese verpatze Chance der SPÖ-Bundesregierung auszumerzen und die ÖVP-Begerhlichkeiten zurückzudrängen, hätten nun die roten Landeshauptleute. Für sie wäre es ein leichtes, das verpflichtende Kindergartenjahr zu beschließen. Wenn sie den Mut dazu finden. (Manuela Honsig-Erlenburg/derStandard.at, 16.7.2007)