2007 könnte das erfolgreichste Jahr für Börsengänge seit der Jahrtausendwende werden. Die große Mehrzahl der Newcomer überzeugt nach bestandenem Initial Public Offering (IPO) mit überdurchschnittlichen Performanceleistungen.

In China tobt der Wahnsinn

Knapp 100 Prozent an einem Tag – über diese Traumrendite durften sich chinesische Anleger freuen, die vor knapp drei Wochen beim Börsengang des Schifffahrtunternehmens Cosco Holdings in Shanghai zum Zug gekommen sind. Für die Aktien im Wert von zwei Milliarden US-Dollar gingen Zeichnungsaufträge im Volumen von 200 Milliarden US-Dollar ein. Ebenso beeindruckend verlief das Börsendebüt der chinesischen Immobiliengesellschaft KWG Property Holding. Deren Anteilsscheine waren im Vorfeld bereits 226-fach überzeichnet. Keine Frage, die Chinesen befinden sich im IPO-Fieber. Aber nicht nur am Gelben Fluss läuft die Emissions-Maschinerie auf Hochtouren, auch in Deutschland strömen so viele Unternehmen wie selten zuvor auf das Börsenparkett.

Maos Enkel entdecken Frankfurt

Erst vor zwei Wochen debütierte mit dem Diesel-Motorenhersteller Tognum die 17. Gesellschaft in diesem Jahr im Prime Standard der Deutschen Börse. Die Nummer 18 folgte eine Woche später und stellt in der Geschichte der Frankfurter Börse ein echtes Novum dar. ZhongDe Waste Technology ist das erste chinesische Unternehmen, das den Weg in den Prime Standard der Deutschen Börse gefunden hat. Die Firma zählt zu den führenden Anbietern kleiner und mittelgroßer Müllverbrennungsanlagen in China. Die Abfallwirtschaft gilt unter Branchenexperten als Zukunftsmarkt. So kam das glänzende Börsendebüt von ZhongDe alles andere als überraschend. Die Erstnotiz lag bei 30 Euro und damit um 15,4 Prozent über dem Emissionspreis.

Goldene Jahre für Börsengänge

Zählt man die Börsengänge an allen Frankfurter Handelssegmenten zusammen – dazu gehören neben dem Prime Standard auch der General Standard, der Entry Standard sowie der Open Market – erfolgten in 2007 bereits 110 Neunotierungen. Damit stehen die Chancen nicht schlecht, dass die guten Vorjahresdaten noch einmal übertroffen werden. 2006 war mit 210 Neulingen, davon 40 im Prime Standard, und einem Emissionsvolumen von insgesamt 7,9 Milliarden Euro das beste IPO-Jahr seit dem New-Economy-Boom in 2000. Die Daten zeigen, wie sehr eine gute Börsenstimmung die Entwicklung am IPO-Markt positiv beeinflusst. Es gibt aber noch einen anderen Faktor, der für die regen Going-Public-Aktivitäten verantwortlich ist. Aufgrund der zunehmenden Globalisierung hat der Expansionswille und damit die Investitionsbereitschaft deutscher Firmen deutlich zugenommen. Um neue Produkte zu entwickeln und fremde Märkte zu erschließen, bedarf es entsprechender Finanzmittel, die sich durch einen Börsengang in Form von Eigenkapital zuführen lassen.

Im 2. Teil: Abkassieren mit den Neulingen

Abkassieren mit den Neulingen

Für Anleger sind Börsengänge in den meisten Fällen ein lohnenswertes Geschäft. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Aktien von Börsendebütanten nach dem IPO im Durchschnitt besser entwickeln als der Gesamtmarkt oder die Branche. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Emissionen erfolgen häufig mit einem Abschlag zum fairen Wert. Damit soll der Aktie ein erfolgreicher Start auf dem Parkett ermöglicht werden. Der Neuling kommt also im Vergleich zu den Wettbewerbern mit einem attraktiven Preis an den Markt. Ein weiteres Argument: Börsengänge erhöhen den Druck auf das Management, das Unternehmen nach Shareholder-Value-Prinzipien zu führen. Rentabilitätssprünge nach dem IPO sind daher keine Seltenheit.

Zertifikate machen den IPO-Sektor investierbar

Ein dritter Punkt, warum Aktien nach Börsengang häufig eine Outperformance an den Tag legen, ist im IPO selbst begründet. Nachdem das Kapital eingesammelt wurde, verfügen Börsenneulinge über die nötigen Geldmittel, um zum Beispiel durch Zukäufe in neue Dimensionen vorzustoßen. Das beschleunigt nicht nur das Umsatz- und Gewinnwachstum, sondern erhöht auch den Reiz der Aktie für internationale Investoren. Dennoch ist nicht jeder Börsengang für den Zeichner – sofern er überhaupt zum Zug kommt – von Erfolg gekrönt. Zum Beispiel lag der erste Kurs der Aktie von Tognum lediglich auf Höhe des Emissionspreises von 24 Euro. Im weiteren Handel rutschte der Titel sogar ins Minus. Das gleiche Bild beim Pharma-Zulieferer Gerresheimer, der Mitte Juni sein Debüt gab. Vor solchen Ausrutschern ist man also nicht gefeit. Lösen lässt sich dieses Problem durch Diversifikation. Man setzt dabei nicht nur auf einzelne Börsenkandidaten, sondern auf den kompletten Going-Public-Sektor. Die Möglichkeit dazu bieten IPO-Zertifikate.

Der IPO-Vorreiter aus Köln

Pionierarbeit auf diesem Gebiet leistete Sal. Oppenheim. Die Kölner Privatbank brachte bereits im November 2005 ihr „IPO Select“-Zertifikat (ISIN DE 000 SBL 1PQ 4) auf den Markt. Beim Basiswert handelt es sich um einen aktiv gemanagten Korb, der derzeit 14 Aktien aus dem Euroland und der Schweiz beinhaltet. Um sich für den Basket zu qualifizieren, dürfen entsprechende Kandidaten zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht länger als ein Jahr gelistet sein. Bei der Auswahl der Titel haben die Experten von Sal. Oppenheim scheinbar ein glückliches Händchen gehabt: Das Zertifikat legte seit Emission bereits 67 Prozent zu und hat damit die Benchmark EURO STOXX 50 (plus 32 Prozent) um mehr als das Doppelte outperformt. Trotz dieser beachtlichen Leistung gehört das „IPO Select“-Zertfikat nicht zu unserer ersten Wahl. Das Produkt ist vergleichsweise teuer. So muss der Anleger eine jährliche Managementgebühr von 1,5 Prozent sowie eine Performancefee von zehn Prozent auf neue Höchststände (Highwatermark) zahlen. Dividenden werden nicht angerechnet. Der eigentliche Kritikpunkt ist jedoch, dass das Papier nur noch bis November 2010 läuft und damit keine Möglichkeit mehr bietet, sich langfristig in dieser strategischen Investmentnische zu positionieren.

Die Deutsche Bank tauscht „alt“ gegen „neu“

Eine Alternative kommt von der Deutschen Bank, die auf den S-BOX IPO Deutschland Index ein Endlos-Zertifikat (ISIN DE 000 DB0 LKK 8) emittiert hat. Der Basiswert erhält jeweils zehn Aktien, die neu im Prime Standard der Deutschen Börse gelistet sind und die bei Börseneinführung eine Marktkapitalisierung von mehr als 250 Millionen Euro erreichen. Der Clou ist die rollende Struktur. Sobald ein Börsengang erfolgt, der die Aufnahme-Kriterien (Prime Standard, 250 Millionen Marktkapitalisierung bei Börseneinführung) erfüllt, wird „alt“ gegen „neu“ getauscht. Das heißt, die Aktie im Index, deren Emission am längsten zurückliegt, muss dem Debütanten weichen. Diese Vorgehensweise hält den Index marktfrisch. Außerdem wird die Gewichtung der Mitglieder bei jedem Tausch sowie an den vierteljährlichen Anpassungstagen neu justiert. Dieses Vorgehen hilft dabei, Klumpenrisiken zu vermeiden. Auf der Kostenseite fällt zwar eine jährliche Managementgebühr von 1,5 Prozent sowie eine Geld-Brief-Spanne von 0,8 Prozent an, dafür werden Dividenden zu Gunsten des Anlegers reinvestiert.

Im 3. Teil: Europa gibt es in drei Varianten

Europa gibt es in drei Varianten

Während der S-BOX IPO Deutschland Index ausschließlich Börsengänge am Handelsplatz Frankfurt berücksichtigt, nimmt der Indexanbieter STOXX Neulinge aus ganz Westeuropa ins Visier und hat zu diesem Zweck gleich drei Indizes kreiert. Gemeinsam ist dem Trio, dass für eine Aufnahme ein Emissionsvolumen zwischen 100 Millionen und drei Milliarden Euro erforderlich ist. Außerdem ist das Gewicht von Einzeltiteln jeweils bei 20 Prozent gekappt. Der Unterschied liegt in der Verweildauer der Börsenneulinge im Index. In der kürzesten Version (STOXX IPO Index 3 Month) beträgt die Frist zwischen Aufnahme und Ausscheiden drei Monate. Bei den beiden anderen Ablegern (STOXX IPO 12 Month und STOXX IPO 60 Month) beläuft sich die Mitgliedsdauer auf zwölf bzw. 60 Monate. Die Zahl der Unternehmen in den Indizes ist grundsätzlich nach oben offen; das Minimum liegt jedoch bei zehn Titeln, um dem Diversifikationsaspekt Rechnung zu tragen.

Reichen drei Monate aus?

Auf die Drei-Monats-Variante haben sowohl die Hypo-Vereinsbank (ISIN DE 000 HV1 6FW 5) als auch Société Générale (ISIN DE 000 SG0 HN2 6) ein Open-end-Zertifikat auf den Markt gebracht. Die beiden Produkte sind nahezu identisch: Dividenden werden angerechnet, die jährliche Managementgebühr liegt jeweils bei erfreulich niedrigen 0,5 Prozent. Um das vorteilhaftere Zertifikat auswählen zu können, sollten Sie daher den Spread vergleichen. Derzeit ist die HVB hier mit 0,8 Prozent marginal günstiger als die Franzosen, bei denen die Geld-/Briefspanne bei Redaktionsschluss bei 0,9 Prozent lag. Ein Kritikpunkt, der beide Produkte betrifft: Eine Index-Verweildauer von lediglich drei Monaten ist ein sehr kurzer Zeitraum, um vom vollen Post-IPO-Potenzial einer neuen Aktie zu profitieren. Positive Nachrichten nach dem IPO – man denke nur an neue Quartalszahlen – können kaum im Kurs verarbeitet werden. Wir halten daher den STOXX 12-Monats-Index für aussichtsreicher, um die IPO-Karte zu spielen.

Auf den goldene Mittelweg setzen

Die Rückrechnung gibt uns Recht: So hat der „STOXX IPO 12 Months Index“ in den vergangenen drei Jahren mit einem Plus von 152 Prozent deutlich besser abgeschnitten als die Drei-Monats-Variante, die im gleichen Zeitraum „lediglich“ 130 Prozent hinzugewinnen konnte. Das entsprechende Endlos-Zertifikat (ISIN DE 000 HV1 6FX 3) auf das Zwölf-Monats-Barometer gibt es von der HypoVereinsbank. Dividenden werden berücksichtig. Die Managementgebühr beträgt auch hier nur 0,5 Prozent. Bleibt noch der dritte Spross aus der STOXX-Familie, der 60-Monats-Index. Den kann man schnell abhaken, da es noch kein Zertifikat auf diesen Basiswert gibt. Abgesehen davon halten wir eine Mitgliedsdauer von fünf Jahren (60 Monate) für reichlich überzogen. Spätestens zwei Jahre nach dem Börsengang sollten sämtliche IPO-Effekte verpufft sein. Die Rückrechnung bestätigt diese Einschätzung: Mit einer Drei-Jahres-Performance von 131 Prozent bleibt auch die „lange Variante“ deutlich hinter dem Zwölf-Monats-Index zurück.

Im 4. Teil: Auf Abenteuerreise nach China

Auf Abenteuerreise nach China

Wem Deutschland und Europa zu wenig Fantasie bieten, kann bei ABN Amro den Risikograd erhöhen. Denn die Niederländer haben neben IPO-Zertifikaten auf die etablierten Märkte in Europa und USA auch Produkte auf Schwellenländer anzubieten. Dazu gehört das „IPOX China 20 Index“-Zertifikat (ISIN NL 000 077 454 5), das die Wertentwicklung der 20 größten Neuemissionen von chinesischen Unternehmen abbildet. Die Mitglieder sind nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet, wobei der Maximalanteil eines jeden Titels auf zehn Prozent beschränkt ist. Der Index wird vierteljährlich überprüft und entsprechend angepasst. Dividenden werden angerechnet. Das Produkt ist nicht währungsgesichert. Die jährliche Managementgebühr beträgt ein Prozent. Der Spread liegt bei 1,5 Prozent.

Emissionsgewinne bleiben außen vor

Wer hofft, durch das Zertifikat die oft gigantischen Zeichnungsgewinne chinesischer Börsendebütanten mitnehmen zu können, irrt. Denn die Newcomer kommen erst am siebten Handelstag nach dem Börsengang in den Index. Dort verbleiben sie maximal 1.000 Tage – also etwas mehr als drei Jahre. Aufgrund der verzögerten Aufnahme fällt die Performance des IPO-Barometers für chinesische Verhältnisse eher bescheiden aus. Seit Auflage im Jänner 2007 hat das Zertifikat lediglich knapp 15 Prozent hinzugewonnen. Die bekanntesten Titel im Basiswert sind der Versicherer China Life sowie die Industrial & Commercial Bank (ICBC). Der Bankkonzern kam übrigens im Herbst letzten Jahres an die Börse und erzielte dabei ein Rekord-Emissionsvolumen von rund sechs Milliarden US-Dollar. Diese Bestmarke könnte schon bald übertroffen werden. Chinesische Medien haben unlängst berichtet, dass sich der weltgrößte Mobilfunk-Konzern China Mobile in Kürze in Shanghai listen lassen will.

China, das muss nicht sein

Man darf gespannt sein, ob aus dem IPO von China Mobile tatsächlich etwas wird. Die chinesischen Inlandsbörsen in Shanghai und Shenzhen wurden zuletzt von heftigen Turbulenzen erfasst. Wir nahmen zu China in diesem Jahr schon mehrmals kritisch Stellung und halten auch ein Engagement in das „IPOX China 20 Index“-Zertifikat für eine hochriskante Spekulation. Die astronomischen Bewertungen, zu denen chinesische Unternehmen an die Börse gehen, entbehren jeglicher Vernunft. Unser Tipp lautet deswegen: Finger weg von diesem Investment!

Auch BRIC kann uns nicht überzeugen

Ebenfalls hochriskant, wenngleich regional breiter diversifiziert, ist das IPOX-25 BRIC Index-Zertifikat (ISIN NL 000 077 453 7), das ebenfalls aus dem Hause ABN Amro stammt. Der Basiswert bildet die Performance der 25 größten Neuemissionen in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) ab. Die Index-Systematik ist die gleiche wie beim „IPOX China 20“. Auch die Konditionen sind identisch (ein Prozent Managementgebühr p.a.; Dividendenanrechnung; Non-Quanto; 1,5 Prozent Spread). Unglücklicherweise wird der Index von chinesischen Unternehmen dominiert. Von den fünf Schwergewichten stammen vier aus China. Deren Anteil beläuft sich auf mehr als 40 Prozent. Daher kann uns auch dieses Produkt nicht überzeugen. Erwähnt sei noch, dass ABN Amro auch ein Asien/Pazifik-IPOX-Zertifikat (ISIN NL 000 071 352 7) im Sortiment hat. Hier handelt es sich aber um kein reines Schwellenland-Papier, da die meisten der 30 Börsendebütanten aus etablierten Volkswirtschaften wie Japan, Neuseeland oder Singapur kommen.

ZJ-Fazit: Börsengänge sind zweifelsfrei ein attraktives Investment-Thema. Allerdings sollten Sie dabei nicht zu weit in die Ferne schweifen, sondern mit dem alten Kontinent vorlieb nehmen. Unsere Produkt-Favoriten sind das „STOXX IPO 12 Month Index“-Zertifikat der HVB sowie – wer den Heimatmarkt bevorzugt – das S-BOX IPO Deutschland Index-Zertifikat der Deutschen Bank.