Es war eine echte Premiere: Die "Sixth Fleet Navigators" ließen es krachen. São Tomé und Príncipe erlebte sein erstes Rockkonzert. Vor etwas mehr als einem Jahr war die Band der sechsten US-Flotte mit der "USS Emory S. Land" von Neapel in den Golf von Guinea gefahren. Ihr Auftrag: gut Wetter machen. Für das was die USA in Afrika und insbesondere in dem kleinen Inselstaat vor dessen Westküste vorhaben.

Afrika ist neuerdings im geostrategischen Koordinatensystem der USA aufgetaucht. Es geht um die Sicherung von Energieressourcen, den Kampf gegen Terroristen und das Kontern chinesischer Einflussnahmen in der Region. Präsident George W. Bush hat vor einem halben Jahr ein eigenes Militärkommando, das U.S. African Command (Africom), dafür eingerichtet. In seiner Ankündigung war Bush allerdings ein wenig unspezifisch: Die USA würden ihre "Bemühungen verstärken, den Menschen in Afrika Frieden und Sicherheit zu bringen", ließ er wissen.

In den "Kelley Baracks" im ruhigen Stuttgarter Stadtteil Möhringen, dem Sitz des europäischen US-Kommandos, arbeiten seither Spezialisten daran, den zuvor zwischen den europäischem, pazifischem und Zentralkommando der US-Streitkräfte aufgeteilte Kontinent (siehe Grafiken) in eine Kommandostruktur zu bringen. Vor wenigen Tagen wurde der farbige Vier-Sterne-General William E. Ward zum ersten Africom-Chef ernannt, bis Oktober 2007 soll das Kommando teilweise, ein Jahr später voll operationsfähig sein. Ein Standort in Afrika wird noch gesucht.

Bisher sind die USA dort eher schwach vertreten: In Camp Lemonnier in Dschibuti sind neben der französischen Fremdenlegion an die 2000 GIs stationiert. Sie überwachen den strategisch wichtigen Zugang zum Suez-Kanal, die fragile Lage am Horn von Afrika und terroristische Gruppen in der Region (in Somalia, dem Jemen und auch Kenia). Daneben werden zunehmend Liaison-Offiziere in West- und Nordafrika stationiert, die Programme für Militärtrainings und Anti-Terror-Aktivitäten koordinieren. Bei Letzterem geraten derzeit der Maghreb und Westafrika ins Visier. In Mali sollen laut US-Armee Al-Kaida-Ausbildungszentren per Lkws von Wadi zu Wadi fahren.

In Energie- und Rohstofffragen ist die Lage klar: In einem brandneuen Bericht des Congressional Research Service ist davon die Rede, dass die USA ihre Ölimporte aus Afrika von derzeit 15 auf 25 Prozent im Jahr 2015 steigern werden. Hauptherkunftsländer werden Nigeria, Äquatorial-Guinea und der Sudan sein. Damit verkürzen und sichern die USA ihre Öl-Transportwege.

Mit beiden Zielen geraten die Amerikaner klar in Konflikt mit der alten Kolonialmacht Frankreich und dem energiehungrigen China. Die Chinesen kaufen jede Bohrlizenz in Afrika, die sie kriegen können, gewähren günstige Kredite und überschwemmen afrikanische Märkte mit billiger Ware. Die Franzosen versuchen ihre Einflussspähre mit Militärmissionen und durch die Frankophonie zu sichern. Washington will mit einem integrierten Ansatz aus Militärmacht, Entwicklungshilfe (USAID) und Diplomatie vereint unter dem Dach des Africom dagegen halten.

Bei den Afrikanern selbst stößt Uncle Sams afrikanische Mission indes kaum auf Jubel: General Wards Werben für Africom vor der African Union wurde kühl beantwortet, auch US-Politiker tun sich in dieser Sache auf Afrikareisen schwer. Marokko etwa lehnte es unlängst ab, Africom-Headquarter zu werden. – Es scheint, als müssten die Sixth Fleet Navigators noch öfter aufspielen. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.7.2007)