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Alfred Gusenbauer spricht sich für ein Bleiberecht für langjährig in Österreich ansässige Ausländer aus. Bundespräsident Fischer unterstützt den Kanzler in diesem Anliegen.

Foto: Reuters/LEONHARD FOEGER
Das Koalieren fällt der Regierung weiter schwer: Die SPÖ ist für ein Bleiberecht für Ausländer, die bereits seit zehn Jahren in Österreich leben, die ÖVP wehrt sich gegen einen Automatismus. Bundespräsident Heinz Fischer gibt beiden Recht.

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Wien - "Gut integrierte" Ausländer sollen es in Österreich auch gut haben. Darin ist sich nicht nur die Regierung, sondern auch die Opposition einig. Sobald jedoch die Ausdrücke "Bleiberecht" und "Asylwerber" fallen, ist es mit der politischen Eintracht vorbei. Am Mittwoch versuchte sogar Bundespräsident Heinz Fischer die jüngsten Divergenzen zwischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Innenminister Günther Platter (ÖVP) zu glätten.

"Menschen nach zehn Jahren wegzuschicken, da sind wirklich Härten damit verbunden, die ich persönlich als schwierig und nicht zumutbar empfinde", sagte Fischer im Ö1-Mittagsjournal. Gleichzeitig betonte er, dass der Innenminister Recht habe, wenn er sage, dass ein generelles Bleiberecht nach dem Motto "Jeder kann kommen und jeder kann bleiben" nicht möglich sei.

Platter soll prüfen

Wenige Stunden zuvor hatte Gusenbauer die Haltung der SPÖ verdeutlicht: "Bevor man einen Neuzuzug zulässt, sollen die dableiben, die integriert sind." Innenminister Platter solle zunächst alle jene Fälle prüfen, bei denen Personen betroffen sind, die länger als zehn Jahre in Österreich leben. "Für diese Menschen, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen, sollte es ein Aufenthaltsrecht geben", sagte der Bundeskanzler. Wenn das funktioniere, könnte man die Gruppe jener unter die Lupe nehmen, die sich seit fünf Jahren im Land aufhalten.

Platter: "Ausgeschlossen"

Platter reagierte prompt: "Ein generelles Bleiberecht ist aus meiner Sicht ausgeschlossen. Das würde Zuwanderung unter dem Deckmantel des Asyls bedeuten." Im Übrigen gebe es nur mehr 95 Asylverfahren, die schon länger als zehn Jahre dauern. Ein Bleiberecht ab fünf Jahren könnte 3344 Asylwerber betreffen.

Grüne: Hartherziges Abblocken

Die Grünen wiederum, die als Erste einen Vorschlag zum Bleiberecht vorgelegt haben, finden die Diskussion entnervend. "Vor allem das hartherzige Abblocken von Innenminister Platter", präzisierte Brigid Weinzinger, die Menschenrechtssprecherin der Grünen, im Standard-Gespräch. Ihrer Partei werde ständig unterstellt, für ein generelles Bleiberecht jetzt und in Zukunft einzutreten. "Das stimmt aber nicht. Wir wollen eine Einmalaktion, die rückwirkend, aber nicht für die Zukunft gilt", so Weinzinger. Als Begründung nannte sie das in den vergangenen Jahren "kaputtnovellierte" Fremdenrecht, das vielen Menschen zum bürokratischen und humanitären Verhängnis geworden sei.

Recht statt Gnade

Ausländern, die seit mehr als fünf Jahren in Österreich lebten, sollte das Recht auf einen Bleibeantrag eingeräumt werden. "Also ein ordentliches rechtsstaatliches Mittel statt des derzeitigen Gnadenaktes, mit dem Innenminister Platter wie einst Kaiser Nero per Daumenzeig über das Leben anderer entscheiden kann", meint Weinzinger.

BZÖ will Verschärfung der Aufenthaltsgenehmigung

BZÖ-Klubobmann Peter Westenthaler will hingegen sogar die humanitäre Aufenthaltsgenehmigung verschärfen. Sie solle nur dann erteilt werden, wenn Behördenverzug, Integrationswille und die Einwilligung der Gemeinde, in der der die Betroffenen leben, vorlägen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist der Meinung, dass ein Bleiberecht "das Asylrecht ad absurdum führen würde."

Verurteilung durch den EU-Gerichtshof

Wie berichtet, müsste Österreich grundsätzlich unbescholtenen Asylwerbern, die sich seit fünf Jahren oder mehr im Land befinden, ein Bleiberecht zugestehen - andernfalls riskiert die Regierung eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Darauf hat bereits im vergangenen Juni der Präsident des heimischen Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, hingewiesen. "Österreich wird in solchen Fällen sicher immer verurteilt werden", deponierte Korinek. (jub, simo/DER STANDARD Printausgabe 19.7.2007)