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Big Bobby is watching you: Kein Knopf im, sondern eine Videokamera am Ohr soll Großbritanniens Polizisten bei ihrer Arbeit unterstützen.

Foto: REUTERS/Shaun Best
Großbritannien ist schon viele Jahre das Land mit der höchsten Dichte an Überwachungskameras im öffentlichen Raum. Jetzt bekommen die Videokameras auch noch Beine: Der Inselstaat stattet seine berühmten Bobbies mit Camcordern aus, die an der Uniformmütze oder am Ohr befestigt werden. Die Regierung hofft damit, die Menge an Schreibarbeiten reduzieren und Straftaten besser verfolgen zu können.

Von Opfern, Verdächtigen und Zeugen

Das Filmmaterial mit Aussagen von Opfern, Verdächtigen und Zeugen soll Richtern und Geschworenen ermöglichen, "die Vorfälle durch die Augen und Ohren der Polizeibeamten vor Ort zu sehen und zu hören", sagte dazu der Minister für Sicherheit, Terrorismusbekämpfung und Polizei, Tony McNulty. Das Home Office (britische Polizeibehörde) wird dazu rund 4,3 Millionen Euro zur Verfügung stellen - Geld genug für mehr als 2000 Videokameras und entsprechendes Zubehör.

Landesweite Einführung

Großbritannien ist zwar nicht das erste Land, in dem Polizeibehörden mit derartigen Geräten arbeiten. Die landesweite Einführung wird aber das bereits schon dichte Überwachungsnetz, das als das umfangreichste weltweit gilt, noch feinmaschiger machen. Mehr als vier Millionen Überwachungsanlagen sind in Großbritannien bereits installiert. Datenschützern zufolge wird der durchschnittliche Brite mehr als 300 Mal am Tag von "Big Brother" aufgenommen.

Pilotprojekt

Der Einsatz der mobilen Kameras wurde zuvor in einem Pilotprojekt von der Polizei in Plymouth fast zwei Jahre lang getestet. Die dortigen Polizisten loben die abschreckende Wirkung und das ausgezeichnete Beweismaterial - nicht nur bei Straftaten. Jugendliche Rowdys würden sich so etwa sehr schnell einbremsen, wenn sie mitbekämen, dass sie gefilmt würden. Auch die Wirkung auf arrestierte Betrunkene, denen ihr alkoholisiertes Benehmen vorgeführt würde, sei beeindruckend.

Lob und Tadel

Ungewohntes Lob für die tragbaren Überwachungsaugen gab es einem Home- Office-Bericht zufolge auch seitens der Menschenrechtsorganisation Liberty - zumindest hinsichtlich der Einsatzrichtlinien für die Geräte. Diesen zufolge müssen die Polizisten die Bürger darauf aufmerksam machen, dass sie gerade gefilmt würden. Das Videomaterial, das nicht für eine Ermittlung gebraucht wird, muss innerhalb eines Monats nach der Aufnahme gelöscht werden.

Auch wenn sich die Briten im allgemeinen hinsichtlich ihrer Überwachung relativ stoisch geben, ganz kritiklos wird die neue Polizeimethode nicht von allen hingenommen. "Ob sich die Polizisten auch tatsächlich an die Vorgaben halten, lässt sich natürlich nicht überwachen", bemängelt so etwa Ben Ward von Human Rights Watch.

Ausreichend Speicher

Das Home Office beteuert, dass die Kameras, die genug Speicher haben um 24-stündiges Videomaterial aufzunehmen, nicht dafür gedacht wären, ununterbrochen zu filmen. Die polizeilichen Uniformträger würden die Geräte nach ihrem Ermessen ein- und ausschalten und das "Wann" und "Warum" darauf hörbar angeben. (AP, kat/DER STANDARD, Printausgabe vom 18.7.2007)