Der 1927 ins Leben gerufene "Nationencup" oder "Internationaler Cup" wurde im damaligen Volksmund auch "Europameisterschaft" genannt. Zu Recht, denn es nahmen die stärksten Nationalmannschaften des Kontinents daran teil: Tschechoslowakei, Ungarn, Italien, Österreich und - von Anfang an - die Schweiz. Deutschland lehnte die Teilnahme wegen der strikten Amateur-Regelung ab.

Ausgetragen wurde der Bewerb jeweils über einen Zeitraum von drei Jahren im Meisterschaftsmodus, also mit tabellenrelevantem Hin- und Rückspiel, so wie heute die Qualifikation für die EM-Endrunden.

Die Trophäe - ein Pokal aus böhmischem Bleikristall - wurde vom ehemaligen Ministerpräsidenten der Tschechoslowakei, Antonín Svehla, gestiftet. Deshalb trug der Bewerb bis 1938 auch den Namen "Svehla-Cup". Der ab 1936 laufende vierte Durchgang wurde nicht mehr ausgespielt, weil es Österreich nicht mehr gab.

1948 wurde der Svehla-Cup als "Gerö-Cup" wiederbelebt, benannt nach dem ÖFB-Präsidenten und Wegbegleiter Hugo Meisls, Josef Gerö. Dieser Bewerb wurde allerdings nur zweimal ausgetragen. Denn 1954 wurde in Basel die UEFA gegründet. Ihr Generalsekretär war ein alter Freund und enger Verbündeter Meisls: Henri Delaunay, mit dem Meisl die Möglichkeit europäischer Bewerbe schon in den Zwanzigerjahren beriet. Und ihm gelang es dann auch, was Meisl sich nur wünschen konnte: einen wahrhaft kontinentweiten Bewerb. Der begann - jetzt auch offiziell als EM - im Jahr 1960 in Paris.

In diesem Jahr aber wusste noch jeder, der im Fußball etwas zu sagen hatte oder etwas von ihm verstand, dass diese EM nichts anderes war als die von Meisl in einem fort herbeizureden versuchte Erfüllung des 1927 ins Leben gerufenen Svehla-Cups. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 19. Juli 2007, wei)