Gedankengänge
Die Idee dafür entstammt einer simplen Beobachtung: Die ganze Industrie bewegt sich mehr und mehr in Richtung Online-Anwendungen, zugleich gehören Web-Services wie MySpace oder Flickr zunehmend zum Alltag von - insbesondere jugendlichen - ComputerbenutzerInnen. Genau dafür möchte man mit dem Online-Desktop nun die optimale Plattform schaffen, in dem man den GNOME mit diesen Services weitest möglich integriert.
Speicher
Dabei sollen auch die lokalen Rechner-Einstellungen weitgehend online abgespeichert werden, dies biete den UserInnen eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten, zeigt sich Pennington überzeugt. So könnte man dann etwa einen Rechner von einer Live-CD starten, um nach dem Einloggen in den eigenen Online-Account den gewohnten Desktop vorzufinden - wo auch immer man sich gerade befindet. Einen weiteren Anwendungsfall stellen Personen dar, die mehrere Devices parallel benutzen. So wäre es doch äußerst sinnvoll, wenn man zum Beispiel auf dem eigenen Linux-PC und einem Internet Tablet wie Nokias N800 automatisch die selben Einstellungen hätte, so der Red Hat-Entwickler.
Vorteile
All dies sei zwar keine völlig neue Idee - auch Microsoft-Gründer Bill Gates hat unlängst angekündigt eine solche Art von "User-zentriertem Desktop" für die nächste Ausgabe von Windows zu planen - allerdings habe die Open Source-Welt hier einen entscheidenden Vorteil: Während Microsoft seine Lösung wohl auf die eigenen Live-Services begrenzen werde, plane man selbst so viele unterschiedliche Services wie möglich zu unterstützen - unabhängig vom Anbieter. Die BenutzerInnen können dadurch ihre gewohnten Online-Dienst weiterverwenden anstatt auf etwas Neues gezwungen zu werden. Etwas das sie alleine schon deswegen nicht wollen, um nicht ihre soziales Online-Umfeld zu verlieren.
Start
Die Entwicklung der dafür benötigten Anwendungen ist derzeit noch in einem recht frühen Stadium, immerhin reichte es aber schon um ein paar erste Fertigkeiten auf der GUADEC zu präsentieren. So hat man mit BigBoard ein neues Panel entwickelt, in dem die neuesten Daten aus verschiedensten Online-Services zentral angezeigt werden. Auch gibt es ein kleines Applet, das die BenutzerInnen laufend über aktuelle Neuerungen auf dem laufenden hält.
Mugshot
Für die Online-Abspeicherung der Einstellungen benötigt man zusätzlich eine Server-Komponente, im Moment übernimmt diese Rolle Red Hats Mugshot. In Zukunft will man aber auf eine "abgespeckte" Lösung setzen, ganz ohne Mugshot-Branding. In diesem Zusammenhang hofft man auf die Unterstützung der GNOME Foundation, immerhin wäre es begrüßenswert, solch ein Service auf den offiziellen gnome.org-Servern zu betreiben.
Ambitionen
Alles in Allem also ein recht ambitioniertes Unterfangen, dass keine der Linux-Distributionen alleine in die Realität umsetzen könne, wie Pennington herausstreicht. Insofern sei es zentral, dass sich die Community gemeinsam für diese Pläne entscheide. Und zumindest in Teilen scheint diese zuzustimmen: So zeigte sich etwa Nat Friedman von den Plänen zum Online-Desktop regelrecht begeistert: "Meiner Meinung nach sollten alle Linux-Unternehmen ihre Entwickler für dieses Unterfangen abstellen", so Novells Linux-Entwicklungschef gegenüber dem WebStandard.
Unterstützung
Der Community müsse die Bedeutung dieser Entscheidung klar sein: "Entweder entscheiden wir uns dafür diesen Weg zu beschreiten oder für die vollkommene Irrelevanz", so Friedman weiter. Unterstützung signalisiert auch Jeff Waugh von der GNOME Foundation: "Was daran wirklich großartig ist, ist dass es uns endlich wieder eine gemeinsame Richtung vorgibt" - etwas das seit den GNOME 2.0-Tagen zunehmend verloren gegangen sei. Auch das Anbieten der notwendigen Services auf dem gnome.org-Server kann sich Waugh durchaus vorstellen.
Kritik
Auf der anderen Seite waren aber auch vereinzelt kritische Stimmen zu vernehmen, vor allem Fragen zu Privatsphäre und Sicherheit standen dabei im Vordergrund. Immerhin werden damit wohl auch zahlreiche persönliche Informationen online gespeichert. Auch sei es gerade für Unternehmen nicht unbedingt unproblematisch eigene - eventuell sogar sensible - Dokumente auf den Servern anderer Konzerne zu speichern.
Wahl
Dem hält Pennington entgegen, dass ja gerade die Wahlfreiheit entscheidend ist, wer das Service nicht benutzen will muss das auch weiterhin nicht. Auch könne man ja noch immer ein anderes Online-Angebot wählen, wenn man einem bestimmten Service nicht vertraut oder mit den jeweiligen Nutzungsbedingungen nicht einverstanden ist. Zusätzlich biete sich gerade für Unternehmen auch noch eine andere Lösung an: Mit Angeboten wie den Google Apps für die eigene Domain könne man einen eigenen Anwendungsserver betreiben, ein Umfeld in den dann natürlich der Online-Desktop optimal als Client passen würde.
Abwarten