Schwarz sehen in minimalistischer Eleganz lässt's sich in Rados Wiener Flagshipstore.

Foto: Rado

Das Modell "Ceramica Chronograph Matt".

Foto: Rado

Wer an teure Uhren denkt, der hat in der Regel Gold und Silber im Sinn. Kaum einer denkt dabei an die Farbe Schwarz, geschweige denn an das Material Keramik. Der Kenner hat es bereits herausgelesen: Hier geht es um den Schweizer Uhrenproduzenten Rado. Seit 90 Jahren gibt es das Unternehmen bereits, seit 50 Jahren stellt es unter diesem Namen Armbanduhren her. Die Produzenten damals wollten nur eines: Die härtesten und robustesten Uhren der Welt herstellen.

"Man war wie besessen von Materialien", sagt Nadja Zerunian, Creative Director bei Rado, "auf der Suche nach der perfekten Kratzfestigkeit und der höchsten Widerstandsfähigkeit landete man irgendwann einmal bei Keramik." Für das neue Material musste sogar eigenes Werkzeug entwickelt werden, denn weiche Metalle waren der hartnäckigen Keramik nicht gewachsen. Zerunian: "Damit hat Rado die gesamte Uhrengeschichte auf den Kopf gestellt." Mit den heutigen Rado-Uhren kann man anstellen, was man will. Man kann draufhauen, sie schütteln und draufschlagen. Sie werden es aushalten. Eines aber sollte man auf keinen Fall tun - mit fettigen Fingern die hochglänzende Oberfläche angreifen und somit vertapsen.

35 Quadratmeter - rundum schwarz

Aber auch das tut der Geburtstagseuphorie keinerlei Abbruch. Zum heurigen 50-Jahr-Jubiläum beschenkte man sich nach Bangkok, Hongkong und Macao mit dem ersten europäischen Rado-Flagshipstore - in Wien. Wie könnte es anders sein: Das Geschäft ist durch und durch schwarz.

"Mit der Zeit wurde Rado in eine Ecke gedrängt, und die Leute haben unsere Uhren als modisch abgestempelt", sagt Marketingchef François Nunez. Man sei nicht umhingekommen, das Image einmal gehörig aufzupolieren, zum Beispiel mit einem futuristischen Shop in der Wiener Innenstadt.

Architekt Andreas Burghardt baute den Uhren ihr neues Zuhause. "Das Wichtigste am ganzen Shopkonzept war, die Idee des Unternehmens und seiner Uhren widerzuspiegeln", erklärt er. In Anlehnung an die Untiefen der dunklen Keramik hüllte Burghardt das gesamte Geschäft - wir sprechen hier von 35 Quadratmetern - rundum in schwarz gefärbtes Glas. Beim Flanieren könnte man den kleinen Shop in der Kärntner Straße fast übersehen. Es ist ein einziges Spiegelbild der Fußgängerzone. Erst im allmählichen Heranrücken an die Fassade kommen Silhouetten von Armbanduhren zum Vorschein. Lachende Japaner stehen vor der Fassade und fotografieren sich in der Scheibe. Andere treten näher heran, halten ihre Hände ans Glas und schauen sich die funkelnden Zeitanzeiger an.

Mystifiziert und dramatisch

Rein ins Geschäft: Man berührt den Türdrücker, und wie von Geisterhand öffnet sich die Türe. Man tritt in ein dunkles Universum, in dem sich Boden, Wand und Decke im Nichts auflösen. Licht wird hier verschluckt. Fast scheint es, als werde das gesamte Geschäft entmaterialisiert. Einzig die chronometrischen Sterne, die auf den Namen Rado hören, scheinen in ihrer Vitrine schwerelos zu verharren und werden von einem fahlen Scheinwerferkegel erleuchtet.

Hinter dem schwarzen Spiegelglas sind Sicherheitskameras auf der Hut und lauern potenziellen Bösewichten auf. Bei der riesigen Auslage handelt es sich um drei Zentimeter dickes Panzerglas, das gegen reinbrausende Lkws, Hammerschläge und sonstige diebische Absichten völlig immun ist. Eine einzelne Glasscheibe wiegt bis zu einer Tonne.

"Das Vorgehen der Bauherren war außergewöhnlich mutig", sagt Architekt Burghardt, "schließlich musste mir Rado bei der Umsetzung des Shops völlig vertrauen." Was die Direktoren bis zuletzt nervös gemacht hat: Die Pläne waren nicht aussagekräftig, die Muster zu klein, um sich darunter etwas vorstellen zu können, bis zur Fertigstellung mussten die Auftraggeber zittern. Allein, am Ende konnten alle Ideen umgesetzt werden. Oder - wie es Marketingchef Nunez ausdrückt: "Die Uhren sind mystifiziert und schweben dramatisch im Raum." Weitere Black Boxes in Paris, Schanghai und Sydney werden folgen. (Wojciech Czaja/Der Standard/rondo/20/07/2007)