Währungs- und Aktienspekulationen macht jede größere Bank Österreichs, weil sonst die Gewinnmargen, die vor allem internationale Investoren verlangen, nicht erzielbar wären. Derlei geht auch immer wieder schief: Vor grauen Zeiten hatte die damals noch im Besitz einiger Privatinvestoren befindliche Schoeller-Bank massiv auf US-Aktien gesetzt; ein Teilhaber musste sein Privatvermögen opfern, um einen Teil des Schadens (auch für Kunden) auszugleichen. 1998 geriet die BA-CA in den Strudel der Rubelkrise und wurde vor schweren Verlusten nur durch eine Husarenaktion mithilfe eines örtlichen "Big Shots" halbwegs bewahrt. Die Hypo Alpe Adria verspekulierte sich massiv bei einem komplizierten Swap-Geschäft usw.

Von vielen fehlgegangenen Spekulationen erfährt die Öffentlichkeit nichts, weil es die Institute schaffen, Verluste zu begrenzen und intern zu verdauen.

Der Unterschied zur Bawag besteht darin, dass die großen österreichischen Banken nicht alles auf eine Karte setzen, wie es die Bawag getan hat - und zwar, nachdem man sich schon einmal die Finger verbrannt hatte. Bekanntlich wurden die so genannten "Sondergeschäfte", die zunächst zu hohen Gewinnen, dann aber zu massiven Verlusten geführt hatten, nach Jahresfrist und unter neuem Management wieder aufgenommen, weil man auf diese Art der Gewinne nicht verzichten konnte und an die Magie des Spekulanten Wolfgang Flöttl, Sohn des ehemaligen Generaldirektors, glaubte.

Dass sich der in der Richtung verschätzte, die der japanische Yen nehmen würde, ist die Ursache der Katastrophe. Wobei der springende Punkt eben der ist, dass offenbar zu viel Kapital der Bank aufs Spiel gesetzt wurde. Ob das strafrechtlich relevant ist - weil Sicherheitsbegrenzungen nicht eingehalten, Kontrollen umgangen und Aufsichtsorgane hinters Licht geführt wurden - ist das Thema des Prozesses.

In der Bawag wurde mit hoher Sicherheit exzessiv spekuliert. Aber spekuliert wird überall. Alles hängt an der Vorsicht und Umsicht, mit der vorgegangen wird - und an der Tatsache, dass Regierungen bzw. Notenbanken rechtzeitig eingreifen müssen, um einen Flächenbrand zu verhindern. Das war 1998 der Fall, als fast gleichzeitig nicht nur Russland seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllte, sondern auch der Crash eines hochspekulativen Hedge-Fonds mit folgender internationaler Kettenreaktion nur durch das Eingreifen der US-Federal Reserve Bank verhindert wurde.

Die Bawag ist insofern ein Sonderfall, als sie es im Gegensatz zu anderen Instituten verabsäumte, sich im boomenden osteuropäischen Markt zu engagieren. Auch dort lauern Gefahren - die Schwierigkeiten der Hypo Alpe Adria stammen auch aus der Tatsache, dass das kroatische Autofinanzierungsgeschäft ausließ -, aber es handelt sich um unterentwickelte Märkte, wo man mit normalen Bankgeschäften - Kontenführung, Kredite usw. - noch Gewinne machen kann.

Es gibt auch ernst zu nehmende Befürchtungen, dass das internationale Spekulationsgebäude (das großteils auf Kredit beruht), einmal kollabiert. Aber das ändert nichts daran, dass Gewinne aus Währungs-und Wertpapierspekulationen einen nennenswerten Bestandteil des normalen Bankengeschäfts spielen (müssen). Spekulationen sind normal. Das muss man sich vor Augen halten, wenn man den Bawag-Prozess und seine teilweise hysterische publizistische Begleitmusik verfolgt. ( Hans Rauscher , DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21./22.7.2007)