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Mit dem sektoralen Fahrverbot im Inntal könnte der Lkw-Verkehr um 200.000 Schwerfahrzeuge entlastet werden. Die EU-Kommission bewertet die Freiheit des Warenverkehrs noch höher.

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Dennoch steigen die Chancen, es umzusetzen. Das "Transitforum" fordert sofortige Verordnungen

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Innsbruck/Brüssel - Die EU-Kommission in Brüssel wird nach Standard-Informationen das von Tirol geplante sektorale Lkw-Fahrverbot zur Reduzierung der großen Schadstoffbelastung im Inntal erneut ablehnen. Allerdings vergrößern sich erstmals Spielräume für eine Umsetzung der Maßnahme, mit der eisenbahntaugliche Güter wie Müll, Getreide, oder Autos auf die Bahn gezwungen und damit der Transit um rund 200.000 Lkw reduziert werden sollen.

Die Kommission hat durchblicken lassen, dass sie diesmal nicht beabsichtige, die Maßnahme umgehend mit Antrag auf einstweilige Verfügung vor dem EU-Gerichtshof zu Fall zu bringen, sollte sie von Tirol verordnet werden. Zweitens bringt sich innerhalb der Kommission verstärkt die Generaldirektion Umwelt als Befürworterin des Fahrverbots in die Debatte ein, wie aus Positionspapieren ersichtlich ist. Immerhin geht es bei der Reduktion der Schadstoffe um EU-Vorgaben. Die Grenzwerte, die 2010 verbindlich einzuhalten sind, werden entlang der Brennerachse seit fünf Jahren überschritten, mittlerweile um 90 Prozent.

Zu wenig alternative Transportkapazitäten

Die Kommission meint in der Stellungnahme, die vor allem die Handschrift der Generaldirektion Industrie trägt und dieser Tage formalisiert wird, das Fahrverbot sei mit dem Prinzip des freien Warenverkehrs nicht vereinbar. Es sei nicht ausreichend belegt, dass genügend alternative Transportkapazitäten zur Verfügung stünden. Österreich (Tirol) habe die verfügbaren, weniger restriktiven Maßnahmen - wie vor allem das eingeführte Pkw-Tempolimit von 100 km/h - nicht im gesamten Ausmaß angewandt. Der Übergangszeitraum für ein Inkrafttreten am 1. November 2007 sei zu kurz. Umweltlandesrat Hans Lindenberger (SPÖ) will "am Fahrverbot festhalten", sagte im Detail aber nur: "Die Argumente sind ausgetauscht, jetzt findet noch eine politische Runde statt".

Eine umgehende Verordnung des Fahrverbots, wie sie Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser verlangt, lehnt Lindenberger ab, um "nicht die Verhandlungen zu erschweren". Gurgiser hält "ein weiteres Verschlampen" des Verbots für "grob fahrlässig". Letztlich werde der EuGH ohnehin entscheiden: Das Grundrecht auf Gesundheit sei höher zu stellen als das politische Prinzip der Grundfreiheit des Warenverkehrs. (Benedikt Sauer/DER STANDARD-Printausgabe, 21./22.7.2007)